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DIE NEUWERKE.

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über demselben erschien das merkwürdige Far-
benbild der Kirche mit den Donatoren und die
ahnungsvolle, auch auf eine Verwüstung Stapel-
lage’s ausgelegte, Sentenz:

Quas sacras aedes pietas construxit avorum,
Has nunc haeredes devastant more luporum.
Daran schlossen sich nach aussen das Richt-
haus, worin von Alters her Abt oder Kellner
die Streitigkeiten mit den Hörigen schlichtete;
daneben und darüber die seit 1669 unbewohnte
Kellnerei, weiterhin nach Westen ein Garten
mit dem Suppriorat, dies also als Westflanke, wie
das Priorat als Ostflanke; entlegener schon das
Fischhaus und die Stallung der Ackerpferde.
In die Lücke zwischen diesen Gebäuden und
der Kirche schob sich westlich zunächst die
Bibliothek, dann Winterrefectorium, darüber
Dormitorium (Dörmter) der Laienbrüder, dann
Winter- und Sommerrefectorium neben der
Conventskirche, endlich östlicher das Kranken-
haus und Dormitorium, welches schon au den
südlichen Kreuzarm der Kirche lehnte. Mit
dieser bildeten sie die Clausurgrenze im Nor-
den, wie die Lutter im Süden und je eine
Mauer im Westen und Osten; in der Ostmauer
lag ein Thor und das Wollhaus für die Weber
aus den Laienbrüdern; ein weiterer Mauergürtel
lief im Norden an der Zugangsseite um den
grossen Vorhof. Entferntere Gebäulichkeiten wer-
den uns klar, wenn sie das Brecheisen erfasst.

Schon die Klosterbauten mit der Kirche, es
klingt zu deutlich durch die Beschreibung,
standen meistens neben- und aneinander, das
Ganze ebenso malerisch als grossartig. Es fehlt
uns nur ein Plan mit den wechselvollen Grund-
rissen und den Einzelbauten, worin die Cister-
cienser überall gern eine reizvolle Originalität
entwickelten.

Abt Stades (1661—1681) brachte an die
Kirchenwände vier grosse Reliquienbehälter mit
den zerstreuten Heiligtümern der Stapellager
Kapelle und anderer Gotteshäuser — ersetzte
das bemalte Reliquienkreuz durch ein neues
für die mit Inschriften (?) versehenen Einlagen
und riss den Hochaltar nieder. „Das war das
bedauerliche . . . ., dass ein so feines, prächtiges
und kostbares .... Cymelium, was die ganze
Vorzeit so sehr verehrt und bewundert hatte,

so zerstört worden ist, dass es nicht mehr unver-
letzt anderswohin gebracht wurde; sondern weil
bei dem modernen Stande der Dinge jene
alten und niedrigen Altartafeln überall auf-
gehoben zu werden pflegten, und statt ihrer
neue Formen und geplante (modella) Altäre bis
zu den Gewölben .... emporstiegen, überredete
der Fürstbischof von Fürstenberg, welcher überall
auf neue Altäre drang, um 1679 den Abt,
einen neuen Hochaltar zu stiften und empfahl
zum Entwürfe desselben seinen Hofmaler, Johcm
Georg Rudolphi aus Brakei. Das alte Pracht-
werk schwand, das Mittelstück mit den Re-
liquien hing bald an der Chorwand, die Altar-
tafeln scheint es, gingen verloren, der massige
Neubau (moles) schnitt dem Chore das Ost-
licht ab; 'weil der Laienbruder Johan Brockel-
mann von Beckum ob aus Ungeschick oder
Ueberklugheit das Fundament zu breit begon-
nen hatte, musste alles Uebrige die Maasse der
Vorzeichnung überschreiten zum Schaden der
Structur und Proportion.

Fertig wurde er unter Cuelman aus Beckum
(1681—1705); daher sind auch mit den Wappen
daran verewigt: F. J. Stades ab(bas) 1680 —
F. B. Cuelmann ab(bas) 1693.

Jederseits tragen drei theilweise gewundene
Säulen ein mächtig vorspringendes Gebälk, da-
vor und darüber stehen Bildsäulen: so unten
Petrus und Paulus, hoch oben die Patronin
Maria mit dem Kinde, einst noch ein Cherubim
und Seraphim; in der Mitte je nach den Fest-
zeiten die (verschiebbaren) Oelbilder der Ge-
burt des Herrn, der Kreuzigung, Auferstehung
oder Himmelfahrt Maria’s; die unansehnlichere
Kreuzigung rührt von einem Antwerpener Gis-
bert, oder einem Bielefelder Lüdgers oder einem
Italiäner; der erstere Meister wird 1695 genannt,
der zweite 1693 und 1716 wegen eines grossen
Stückes für den Hochaltar erwähnt, der dritte
ist 1687 mit den Bildern der Heiligen ,Domi-
nicus und Norbert fertig und vielleicht dieselbe
Person mit dem Maler Theodor, welcher das
Kloster malte. Die andern Gemälde sind besser
und einheitlicher, die Himmelfahrt auch bezeich-
net: J. Barkey 1715. Die Predella enthält
noch bei einer respectabelen Grösse hinter ver-
glasten und vergitterten Oeffnungen die Ursu-

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