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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0124

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108 Erster Abschnitt. Die Allarbekleidung

Hat schon bei den meisten der genannten Frontalien das Bildwerk gegenüber
dem Ornament an Bedeutung verloren, so ist das noch mehr der Fall bei einem
prächtigen silbernen Antependium im Dom zu Fulda, dem Antependium in der
Minoritenkirche zu Brunn, dem Frontale am Altar des hl. Johannes von Nepomuk im
Dom zu Prag und anderen Antependien des deutsehen Rokokos. Das Fuldaer Ante-
pendium (Tafel 137) ist mit drei Reliefs in vierpaßartiger, geschweifter Umrahmung
verziert, welche Begebenheiten ans dem Leben des hl. Benediktus darstellen, einem
größeren initiieren und zwei etwas kleineren seitlichen. Sie nehmen nur einen ge-
ringen Teil des Anlependiums ein; der Löwenanteil desselben entfällt auf zierliches
Frührokokoornameni, mit dem der ganze Raum zwischen den Medaillons dicht über-
sponnen ist.

Das Frontale zu Brunn, eine treffliche Arbeit des späten Rokokos, ist ganz mit
Muschel- und Schnörkelwerk dicht Überzogen, das in der Mitte eine Krone mit Palmen
und darüber das Monogramm des N'amens Christus, links und rechts aber eine
figürliche Reliefdarstelkmg, die Enthauptung des hl. Johannes d. T. und das Mar-
tyrium des hl. Johannes Ev., umschließt. Das Ornament wuchert hier so sehr über,
daß das auch durch seine Umrahmung nicht gcmigiTid hervorgehobene Bildwerk nur
wenig zur Geltung kommt'. Das Prager Antependium hat als einzigen bildlichen
Schmuck in der Mitte ein Medaillon mit dem Halbbild des hl. Johannes von Nepomuk
und die Halbfiguren zweier Engel. Um so reicher ist es mit Akanthusranken bedeckt.
Ein tupfervergoldetes Antependium zu Berchtesgadcn (Oberbayern) von 1735 zeigt
zwischen Sifberornament drei Reliefs, den Mannaregen, den hl. Augustinus und die
hl. Anna.

Wie bei den gestickten, so ließ man übrigens auch bei den MetaHantepen-
dien in der Barockzeit bisweilen allen figürlichen Schmuck fehlen, indem
man sich begnügte, in der Mitte ein Kreuz, ein beiliges Monogramm oder ein
Symbol anzubringen. Eine Neuerung des Spätbarocks waren Antependien aus.
meist rotem Sammet, dem Figuren und Ornament aus Silber oder vergoldetem
Kupfer aufgeheftet waren, also Antependien, bei denen der Metallgrund durch
einen tiefsaiten, farbigen Grund ersetzt war, um durch den stärkeren Gegensatz
die Wirkung des Figurenwerks und der ornamentalen Zieraten zu erhöhen.

Von Antependien dieser Art haben sich noch mehrere erhalten, so im Dom zu
Graz, in der Antoniuskapelle beim Dom zu Hildesheim, in der Hildesheimer Magda-
lenenkirche u. a. Auch in der Kathedrale zu Orihuela (Spanien) fand ich ein inter-
essantes Beispiel einer derartigen Yorsatzlafel, die sich durch ihre Muschelschnörkel
auf den ersten Blick als um 1750 entstanden verrät (Tafel 139). Ein Antependium in
der Wallfahrtskirche Unseres Herrn Ruh (Oberbayern), eine Stiftung des Kurfürsten
Karl Philipp von der Pfalz (1730), hat violetten Sammet als Unterlage des Silber-
ornaments'.

Eines der vortrefflichsten seiner Art ist das Antependium in der Magdalenen-
kirche zu Hildesheim. Zwar bildet auch hier starrender, wenig schöner Muschel-
schnörkel den Hauptbestandteil des Dekors, von glücklichster Wirkung und ungemein
gefällig ist jedoch die harmonische Verteilung und ebenmäßige Anordnung von Orna-
ment und Bildwerk. Das Antependium stammt aus St. Michael zu Hildesheim und
wurde 1771 angefertigt. Das Mittelbild stellt die Immaculata dar; auf vier Kar-
tuschen gewahrt man die Figuren des hl. Erzengels Michael, des hl. Bernward, des
hl. Benno und des hl. Benedikt".

1 Ein ähnliches Frontale ans getriebenem s Abb. bei Dr. A. Bertram, Kardinal und

Silber befindet sich im Dom zu Breslau (Kd Fürstbischof von Breslau, ilildesheims kost-

der Prov. ScliU-si.-n. SS;i(l! Breslau 170). barste iüiiistiohiitix- (M.-Gladbach 19J3) Tfl. 31..

* Kd. des Kg. Bayern, Oberbayern I, 259.
 
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