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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0126

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110 Erster Abschnitt. Die Altarbekleidung

birgsdörfer. Was ihre EntstchuBgszeit anlangt, so stammen die meisten dieser Ante-
pendien aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Doch gibt es unter ihnen auch einzelne,
welche bis in das 11. hinaufreichen3.

Künstlerisch betrachtet stehen fast alle ohne Ausnahme recht tief. Sie sind
farbenfrohe, jedoch durchaus primitive, herbe und ungelenke Arbeiten, ein erstes
künstlerisches Stammeln. Die Anordnung des Bildwerkes bei ihnen ist derjenigen
verwandt, welche den Bilderschmuck der älteren Metalllrontalien beherrscht. Sie
sind meist vertikal in drei Abteilungen geschieden, von denen die mittlere das Haupt-
bitd, am häufigsten den thronenden Christus, doch auch Maria mit dem göttlichen
Kinde enthält. Es befindet sich in der Regel in einer spitzovalen Mandorla, auf den
jüngeren aber auch wohl in einem Vierpaß. Bei zwei Frontalien im Museum zu
Barcelona, bei dem Christus ohne die übliche Umrahmung in das mittlere Viereck
hineingesetzt ist, hat der Maler — es war bei beiden zweifellos derselbe — als Ersatz
hinter der Figur zwei einander überschneidende Nimben gemalt (Tafel 141). Unter
einer Arkade ist die Mittelfigur nur ausnahmsweise angebracht, so auf einem Ante-
pendium in der Ermita de S. Martin zu Valdeonsera, auf der im Mittelfelde der
hl. Martin unter einem Kleeblattbogen dargestellt ist. Eine andere Tafel derselben
Art im Museum zu Vieh, bei welcher in der Mitte Maria mit dem Jesuskinde unter
einer kleeblaltartigen Arkade thront, war wohl nicht ein Frontale, sondern ein
Retabel. Ohne Umrahmung und ohne Überdachung erblicken wir die Gottesmutter
mit Andreas und Jakobus im Mittelfeld eines spanischen Antependiums, das in das
Musee des Arts döcoratifs (Colleküon Peyre) zu Paris gekommen ist. In den Zwickeln
der Mandorla oder des Vierpasses, in denen die Mittelfigur angebracht ist, sind ge-
wöhnlich entweder die Evangelistensymbole oder Engel gemalt. Jene sind bevor-
zugt, wenn Christus, diese, wenn Maria in ihr dargestellt ist.

Die beiden Seitenabteilungen sind bisweilen ungeteilt, so bei einem der beiden
vorhin erwähnten Frontalien im Museum zu Barcelona, bei dem sie in pyramidaler
Anordnung eine Gruppe von je sechs stehenden Aposteln enthalten. Der Regel nach
sind sie jedoch durch ein ornamentiertes, meist mit Edelstein- und Perlennach-
ahmungen besetztes Band horizontal in zwei, selten, wie bei den schon genannten
Frontalien zu Parts und zu Valdeonsera, in drei Zonen geschieden, die bisweilen
in zwei oder drei Arkaden oder in ebenso viele rechteckige Felder aufgelöst er-
scheinen, am häufigsten aber keine weitere Aufteilung erfahren haben. Darum sind
auch in den Zonen Darstellungen von Szenen, nicht von Einzelfiguren, bevorzugt.
Ein gutes Beispiel und zugleich das älteste aller katalonischen bemalten Holzante-
pendien ist ein Frontale im Museum zu Vieh (Tafel 140). Im Mittelfeld gewahren wir
auf ihm den thronenden Christus. Die Zwickel der Mandorla, die das Bild umgibt,
sind hier mit Blattwerk gefüllt. Die Seitenabteilungen zeigen in je zwei übereinander
stehenden Feldern vier Szenen aus dem Leben des hl. Martinus. Ein etwas jüngeres
Antependium des Museums enthält im Mittelfeld eine Darstellung der Gottesmutter,
in den vier Ecken desselben Engel, welche die Mandorla halten, in welcher Maria
angebracht ist, in den vier Feldern der Seitenahteilungen Begebenheiten aus dem
Leben der hl. Margareta*.

Zwei Frontalien des 12. Jahrhunderts des Museums, die beide leider sehr be-
schädigt sind, haben als Mittelbild den thronenden Christus in der Mandorla, umgeben
von den Evangelistensymbolen, in den beiden Zonen der Seiten abteilungen Begeben-
heiten aus dem Leben des hl. Laurenfius bzw. des hl. Saturninus. Beim zweiten ist
in den einzelnen Feldern jedesmal nur eine Szene untergebracht; beim ersten da- '
gegen finden sich in jedem meist zwei, die aber ohne Trennung nebeneinandergestellt

' Eine größere Anzahl dieser Antepcndien
ist abgebildet und beschrieben bei A. Munoz,
Pittura romanica calalana (Barcelona 1907).
 
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