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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0142

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126 Erster Abschnitt. Die Altarbekleidung

Die Zahl der Szenen aus dem Leben Jesu ist auf den Altar-
bekleidungen des Papslbuches recht beschrankt. Der häufiger vorkommenden gibt
es nur sechs, die Verkündigung, die Geburt, die Kreuzigung, die Auferstehung, die
Himmelfahrt und die Sendung des Hl. Geistes, d. i. jene Darstellungen, die die von
Leo III. der Basilika des hl. Apollinaris zu Ciasse gestiftete Altarbekleidung
umfaßte. Nur vereinzelt begegnen uns die Aufopferung im Tempel, die Taufe
und der Einzug Christi. Szenen wie die Übertragung der Schlüsselgewalt an
Petrus und Petri Errettung aus dem See, welche sich auf Testes befanden, die
Leo III. und Leo IV. der Petersbasilika schenkten13, erklären sich durch den
Charakter des Ortes, für den die Testes bestimmt waren. Die Darstellung der
Passion gehört zu den Begebenheiten, die auf den vestes des Papstbuches seltener
wiedergegeben sind. Außerordentlich oft — mehr denn dreißigmal — tritt uns auf
ihnen dagegen die Szene der Auferstehung des Herrn entgegen. Daß die Kreuzigung.
Christi uns nicht häufiger auf den Altarbekleidungen des Papstbuches begegnet,
dürfte sich wohl durch den Umstand erklären, daß dem Kreuz ein Ehrenplatz,
oberhalb des Altares eingeräumt war.

Sehr häufig erscheint Christus als Einzelfigur auf den Altarfrontauen des 11.,.
des 12. und des 13. Jahrhunderts. Er nimmt stels die Mitte derselben,
ein und ist regelmäßig als König der Herrlichkeit, als sog. Majestas, dargestellt.
Auf dem Regenbogen oder einem Throne sitzend, hält er in der Linken das Buch*
des Gesetzes, während er die Rechte segnend erhebt. Nur ausnahmsweise ist er
stehend dargestellt, wie z. B. auf dem Anlependium zu Komburg (Tafel 131). Um
die Figur Christi herum zieht sich nimbenartig eine meist mandorlaförmige Ein-
fassung, in den Zwickeln dieser Umrahmung aber sind fast immer die Evangelisten-
symbole angebracht.

Seit dem Ausgang des 14. Jahrhunderts wird die Darstellung der
Majestas auf den Antependien allmählich seltener, wenn sie sich auch bis in das.
späte 15. nie ganz von ihnen verliert. Um so häufiger erscheint nun als Hauptbild
auf ihnen der Gekreuzigte, sei es in Form einer aus dem Heiland, Maria
und Johannes bestehenden Gruppe, sei es in Gestalt einer mehr oder weniger
figurenreichen Szene. Er kommt in der einen oder anderen Weise auf den Ante-
pendien des späteren Mittelalters oft vor. Neu ist auf den Altarfron tauen der
Spätzeit desselben die übrigens nur vereinzelt auf ihnen auftretende Darstellung der
hhl. Dreifaltigkeit. Sie erscheint stets in der damals so beliebten Auffassung,
nach der der thronende Gottvater in den ausgebreiteten Händen das Kreuz mit dem
Gekreuzigten hält, während die Taube, das Symbol des Hl. Geistes, zwischen dem.
Kopfe Gottvaters und des Heilandes schwebt.

Eine sehr bedeufende Erweiterung erfuhr auf den Altarfrontalien der zweiten
Hälfte des Mittelalters der Kreis der Szenen aus dem Leben Christi.
Er steigert sich auf etwa das Vierfache der in älterer Zeit auf ihnen vorkommenden
Darstellungen aus demselben, wenn auch begreiflicherweise nicht auf allen sämt-
liche zum Zyklus gehörenden Geheimnisse wiedergegeben werden. Die Zunahme
betrifft besonders die Begebenheiten aus dem Jugendleben Christi, aus seinem Leiden
und aus seiner Verherrlichung, welch letztere bisweilen in der Darstellung des
W elt rieht er s ihren Abschluß finden.

Früh erscheint auch Maria auf der Altarbekleidung dargestellt. Finden
wir sie doch schon auf der dritten Seite des y.ä?.vf*fta, mit dem Justinian den
Altar der Hagia Sophia ausgestattet hatte, zwischen den Figuren des Kaiser-
paares. Im 9. Jahrhundert begegnen uns Bilder Marias auf mehreren der
vestes, von denen der Liber Pontificalis zu berichten weiß. Besonders häufig

" L. c. n. 363 421 546 (ebd. 2 32 130).
 
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