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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0196

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180 Dritter Abschnitt. Die Leuchterbank, die Altarstufen

bisweilen sehr niedrig war. Von den zahlreichen Nebenaltären, die sich in den
ehemals katholischen Kirchen Nord- und Süddeutschlands wie in den Domen zu
Magdeburg, Halberstadt, Naumburg und Lübeck, in der Nikolaikirche zu Stralsund,
in der Liebfrauenkirche zu Halberstadt, in der Marienkirche zu Danzig, in der
Wiesenkirche zu Soest, in St. Michael zu Schwäbisch - Hall, in St. Lorenz zu Nürn-
berg u. a. erhalten haben, weisen freilich heute viele keine Stufen mehr auf. Auch
in katholischen Kirchen, wie z. B. in St. Gereon zu Köln (Krypta und Turmkapellen),
in St. Severin zu Köln (Krypta), in der Liebfrauenkirche zu Oberwesel (Sakristei)
u. a. trifft man bisweilen aus dem Mittelalter stammende Nebenaltäre an, die jetzt
der Stufen entbehren. Allein das berechtigt nicht zum Schluß, es seien bei diesen
Altären auch früher keine vorhanden gewesen. Es handelt sich vielmehr bei allen
um Altäre, die im Laufe der Zeit durch Aufgabe des alten Kultus, wie in den
genannten heute protestantischen Kirchen, oder aus sonst einer Ursache, wie in
den katholischen, außer Benutzung kamen. Die Altäre ließ man stehen, die Stufen
aber, die ihren Zweck verloren hatten, wurden beseitigt, zumal sie oft nicht aus
Stein, sondern aus Holz gemacht waren, Stufen aus Stein aber zu manchen ander-
weitigen Zwecken verwendet werden konnten.

Eine allgemein geltende kirchliche Vorschrift, den Altar mit
Stufen zu versehen, wurde im Mittelalter nicht erlassen, aber auch in nach-
mittel alterlicher Zeit ist eine formelle dahingehende Bestimmung nie erfolgt.
Immerhin liegt heute insofern indirekt eine gewisse Pflicht vor, den Altar mit
Stufen zu versehen, als die Anweisungen des römischen Missales und des Caere-
moniales der Bischöfe, welche die Stellung der am Altar fungierenden Geistlichen,
die Kniebeugungen und ähnliches regeln und allgemein verbindlich sind, voraus-
setzen, daß der Altar mit Stufen versehen sei, beim Mangel an Stufen also nicht in
ganz entsprechender Weise beobachtet 'werden können18.

Auch partikularrechtliche Vorschriften hinsichtlich der An-
bringung von Altarstufen sind mir aus dem Mittelalter nicht bekannt geworden.
Erst im 16. und 17. Jahrhundert wurden solche von verschiedenen Pro-
vinzial- und Diözesansynoden erlassen. Den Anfang machte der hl. Karl19, dessen
Vorgehen dann bald Nachahmung fand, so durch die Prager Synode von 1605'°, die
Synode von Aix von 158321 u. a. Ebenso trat der Regensburger Generalvikar
Myller in seinem Ornatus ecclesiasticus in die Fußtapfen des Heiligen52.

Die Zahl der Stufen dürfte sich in älterer Zeit, falls solche überhaupt
zur Anwendung kamen, auf nur eine beschränkt haben. Anders verhielt es
sich aber schon in der Periode des romanischen Stiles, in der beim Hoch-
altar zwei Stufen nichts Seltenes mehr waren, obwohl derselbe noch immer
selbst in hervorragenden Kirchen oft nur mit einer versehen wurde. So hat
z. B. der Hochaltar in S. Cecilia und in S. Lorenzo fuori le Mura zu Rom,
um bloß diese zu nennen, lediglich eine Stufe.

Seit dem 13. Jahrhundert werden zwei Altarstufen beim Hochaltar
das Gewöhnliche. In größeren Kirchen bleibt er sogar meist nicht bei bloß
zwei. Selbst Hochaltäre, die mit vier oder fünf Stufen versehen sind, begegnen
uns nun, wie der der Klosterkirche zu Blaubeuren (Tafel' 150) der Stiftskirche
zu Wimpfen im Tal, der Kathedrale zu Piacenza und manche andere. Hoch-
altäre mit vier Stufen sind im ausgehenden Mittelalter sogar eine recht
häufige Erscheinung.

e II, 2; VI, 5; « C. 12 (Hartzh. VIII, 689).

. n. 30 59 und „ & äg a]terf ^ x ^^

' AA. eccl. Med. 123 und 567. !! C. 43; p. 78.
 
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