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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0206

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190 Vierter Abschnitt. Das Allarciborium und der Altarbaldachin

Vita Symmachi (498—514), in der berichtet wird, der Papst habe in der
Andreasrotunde bei St. Peter und in der von ihm erbauten Martinsbasilika
ein tiburium errichtet1.

Etwa ein Jahrhundert später linden wir ihn in der Vita s. Gregorii M. des
Papstbuches3 sowie bei Gregor von Tours, der in seiner 590 verfaßten Schrift De
gloria martyrum von dem ciborium sepulcri des hl. Petrus in der Vatikanischen
Basilika spricht0. Habet (die Basilika) etiam, erzählt er, quatuor columnas in altari,
quod sunt simul centum (in der ganzen Kirche), praeter illas quae ciborium sepulcri
sustentant. Hoc enim sepulcrum sub altare collocahim valde rarum habetur... Sunt
ihi et columnae mirae elegantiae candore niveo quatuor numero, quae ciborium
sepulcri sustinere dicuntur. Da das Apostelgrab unter dem Altar lag, die zwischen
Altar und Grab befindliche Confessio aber nur eine im Boden ausgesparte Kammer
war, die für ihr Gewölbe keiner Säulen als Stützen bedurfte, so kann unter dem
ciborium sepulcri nur das über dem Altar sich erhebende Ciborium verstanden
werden, das freilich, weil über dem Grabaltar errichtet, mit Fug auch ciborium
sepulcri genannt werden durfte*. Honorius errichtete über dem Grab der hl. Agnes,
das sich unter dem Hochaltar der von ihm erneuten Grabkirche der Heiligen befand,
ein ciborium aereum deauratum mirae magnitudinis, über dem Altar der Pankratius-
basilika an der Via Aurelia aber ein eiburium ex argento5.

Von nun an ist ciborium der klassische Name des ein Tempelchen oder
eine Altarkapelle darstellenden Altarüberbaues, mag er nun aus Metall, Stein
oder Holz ausgeführt sein. Allerdings kommen für ihn auch die Bezeich-
nungen umbraculum und tegurium (tigurium, tugurium)

und t e g m o n vor".

Umbraculum begegnet uns kaum anderswo als in den Pontifikalien7. Wenn
bei Gilbert von Limerick (Anfang 12. Jahrhunderts) unter den vom Bischof zu seg-
nenden Gegenständen auch das Ciborium genannt, aber zur näheren Erläuterung bei-
gefügt ist, id est umbraculum altaris, so ist dieser Zusatz sichtlich dem Pontiflkale
entlehnt8. Tegurium (tigurium, tugurium) ist eine nur verderbte Form von cibo-
rium, wie aus den verschiedenen Lesarten der Handschriften des Papstbuches klar
hervorgeht, und entstanden, indem man das Fremdwort ciborium nach dem ein-
heimischen und darum bekannteren wie geläufigeren Worte tugurium ummodelte;
eine Umbildung, die um so leichter geschehen konnte und um so näher lag, als die
Bedeutung von tugurium, „Hütte", derjenigen von ciborium einigermaßen verwandt
war».

1 L. P. n. 79: Hie fecit basilieam saneti oben S. 185 erwähnte Kapitular Karls des Gr.

Andreac apostoli apud bealum Petrum, ubi aus dem Jahre 789.

feeil tiburium ex argento purissimo... n. 80: : Vgl. die Weiheoration: Quacsumus, ut hoc

Basilieam sanetorum Silvestri et Martini con- tegimen venerandi altaris . . . cum omnibus

struxit, ubi et super altare tiburium argenteum ornamentis ad ipsum umbraculum perünen-

leeit (Duch. I, 261 s.). tibus . , . consecrare digneris und die Über-

1 N. 113: Hie fecit beato Petra apostolo schritt; Benedicts eiborii id est umbraculi alta-

cyburium cum columnis suis quatuor ex argento rjs, jn der umbraculum als Erläuterung des

puro (Duch. 1. c. 312). eigentlichen terminus ciborium erscheint.

' N. 27 (M. G. SS. rer. Merav. I, 504). « De statu ecclesiae (M. 159, 1002).

* Übrigens kann uns die Ungenauigkeit der s Vgl. beispielsweise die Varianten in der Vita

Angabe Gregors nicht auffallen, da derselbe die Symmachi (Duch. L. P. 1,261): Tiburium, tugu-

Anlage nicht aus eigener Anschauung, sondern rium, tiburimim, tigurium, tiguriam, cyburium,

nur aus Erzählungen anderer kannte. der Vita Gregorii (1. c. 312): Cvburium, tegu-

5 Vita Honorii n. 119 s. (Dach. 1. c. 323 s.). rium, der Vita Honorii (1. c. 232 s.): Cyburium,

' Gesta Aldrici ep. Cenon. n. 17 (M. G. SS. cyborium, r.ipurium, tegurium, der Vita Sergii

XV, 315): Fecit tugurium, quod et ciborium (I. c. 375): Cyburium, cyborium, eiburium, legu-

nominatur, super altari seniore. Vgl. auch das rium, tugurium.
 
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