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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0291

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Fünftes Kapitel. Ursprung des Ciborhims 275

dem Ende völlig, um den Altar herum vier Pfosten oder Säulen anzubringen, die zu-
dem, im Gegensatz zu den Stützen eines Ciboriums, den Vorzug hatten, daß sie in
jedem beliebig großen, durch die Umstände geforderten Abstände von einander auf-
gestellt werden konnten. Außerdem liegt für das Abendland aus altchristlicher
Zeit, auf die allein es hier ankommt, kein Zeugnis vor, daß es dort damals Brauch
war den Altar mit Velen zu verhüllen10. Erst zu Beginn des Mittelalters wird uns
von Altarvelen berichtet. Einen liturgischen Zweck und Charakter hatten dieselben
jedoch nicht; sie waren vielmehr gleich den zahlreichen anderen Velen, die in
den Basiliken aufgehängt wurden, bloßer Dekor des Ciboriums und des Altares.
Im Osten sind liturgische Altarvelen allerdings schon seit dem Ende des 4. Jahr-
hunderts bezeugt, doch waren sie nicht unmittelbar um den Altar herum, sondern
am Eingang des Altarraumes über den dort befindlichen Schranken angebracht,
wie sie auch nicht bloß die Bestimmung hatten, bei gewissen Gelegenheiten den
Altar und den Liturgen zu verhüllen, sondern auch das Presbyterium von dem
Schiff der Kirche, den Klerus von den Laien scheiden sollten11; gerade wie heute
im griechischen Ritus die Nachfolgerin jener Velen, die Ikonostase, die mit Bildern
bemalte Holzwand, welche das Heiligtum von dem Laienraum trennt.

Erscheint das Ciborium dem Gesagten zufolge in seiner Entstehung wie nach
seinem Charakter wesentlich als Schmuck des Altares, so verhält es sich etwas
anders mit dem Altarbaldachin. Wie die früher angeführten SynodalverOrdnungen15
beweisen, verdankt er sein Dasein in erster Linie dem Bestreben, den Altar durch
ihn gegen herabfallenden Staub und Unrat zu schützen, wenn auch sein praktischer
Werl nach dieser Richtung hin in Wirklichkeit weder bedeutend war noch über-
haupt bedeutend sein konnte. In erster Linie. Denn der Baldachin sollte zweifel-
los zugleich eine schmückende Ausstattung des Altares darstellen, wie ja auch sein
Vorbild, der Baldachin, der über den fürstlichen Thronen angebracht zu sein pflegte,
und wie der Traghimmel, der bei feierlichen Aufzügen hohe geistliche Würden-
träger und Fürsten überdachte und bei Prozessionen über dem Allerheiligsten und
über hervorragenden Reliquien getragen wurde, nicht bloß den Charakter einer
schirmenden Decke, sondern auch den eines Dekors und einer Auszeichnung hatte.
Deshalb soll auch über dem bischöflichen Thron nur dann ein Baldachin angebracht
werden, wenn der Altar ebenfalls mit solchem ausgestattet ist". Nach der An-
schauung des römischen Caeremoniales ist der Altarbaldachin ersichtlich ebenso ein
auszeichnender Schmuck des Altares, wie der Baldachin des bischöflichen Thrones
das für diesen letzteren ist.

;° Vgl. oben S. 133 f. (sc. sedera episcopi) unibraculuni seu baldachfr

I Vgl. oben S. 166. num eiusdem panni et coloris appendi poterit,
■- Vgl. oben S. 186 268. dummodo et super altari aliud siniile vel etiam

II Caerem. episc. 1. 1, c. 13, n. 3: Super eam sumptuosius appendatur.
 
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