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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0294

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278 Fünfter Abschnitt. Das Retabel

mit der Suger die Rückseite des Stipes des Dionysiusallares schmückte, oder jene
andere Tafel, die er vor dem von ihm errichteten Monument der Till. Dionysius und
Genossen anbringen ließ7. Der Dionysiusaltar lehnte sich nämlich ursprünglich nicht
unmittelbar an die Grabanlage an. Später wurde das jedoch, und zwar vielleicht
schon bei dem Umbau, den die Kirche im 13. Jahrhundert erfuhr, geändert und der
Altar dicht an das Grabmonument herangerückt3. Die Folge war, daß nunmehr so-
wohl die Bekleidung an der Rückseite des Stipes des Altares wie die von Suger
vor dem Grabmal angebrachte Tafel überflüssig wurden und anderswie verwendet
werden konnten.

Wenn Flodoard von einem Bilde Marias berichtet, das den Altar der Gottes-
mutter in der Kathedrale zu Reims schmückte0 und von der Inschrift begleitet
war: Virgo Maria tenet hominem regemque Deumque — Visceribus propriis natum
de flamme saneto, so befand sich dasselbe nicht auf dem Altäre10, sondern, wie aus
dem Zusammenhang klar erhellt, an der kostbaren Metallbekleidung,
mit der Erzbischof Hinkmar diesen hatte versehen lassen.

Auch die Bestimmung der Synode von Celichyt des Jahres 816: Praecipimus
unieuique episcopo, ut habeat depictum in pariete oratorii aut in tabula vel etiam
in altaribus, quibus sanclis sint utraque dedicata", beweist nicht, daß schon das
9. Jahrhundert das Altarretabel gekannt habe. Denn erstens verordnet sie nur, daß
die Namen der Heiligen, denen das Oratorium und die Altäre desselben geweiht
worden waren, auf der Wand des Oratoriums, auf einer Tafel oder an den Altären
selbst, d. i. am Stipes derselben, angemalt werden sollten. Andernfalls hätte sie ja
lauten müssen: ut habeat sanetos depictos . . . quibns sint utraque dedicata. Zudem
wäre es auch kaum tunlieh gewesen, alle Kirchen und Altäre mit den Bildern der
Heiligen, denen sie geweiht waren, auszustatten, während ein Anmalen der Namen
derselben nicht nur keine Schwierigkeiten bot, sondern auch zur Erreichung des
Zweckes, den der Kanon verfolgte, völlig ausreichte. Zweitens bedeutet die tabula,
von der die Verordnung der Synode spricht, nicht eine Tafel von der Art des
späteren Retabels, sondern entweder nach dem Sprachgebrauch der älteren Zeit
eine Vorsatztafel des Altares, ein Frontale, oder, und das ist wohl das zutref-
fendste, eine bei dem Altar an der Wand befestigte und seinen Titel angebende Tafel.

Wenn das Papstbuch erzählt, Leo III. (795—816) habe in der Paulusbasilika
super ipsum sacrum altare imaginem auream, habentem salvatorem et 12 apostolos
pens. 1. 75 geschaffen11, so redet es nach seiner sonstigen Ausdrucksweise sowie
nach dem Zusammenhang wohl von einem Bildwerk, das der Papst als Schmuck
des Stipes des Apostelaltares anfertigen ließ. Von einer Ausstattung der Wand
oberhalb des Altares spricht es, wenn es in der Vita Paschalis I. (817—824) berichtet,
es habe dieser in St. Peter in der Apsis des Oratoriums der hll. Processus und Mar-
tinianus imaginem pulcherrimam de argento exauratam cum diversis storiis inter
marmorum construetiones, quae pensant 1. 62M, eingefügt". Auch unter den imagines
desuper argentatae neenon auro perfusae 3 habentes vultum Domini et eorum,
quorum specialia ibidem corpora humata miraculis pollent, mit welchen dem
Liber Pontificalis zufolge Gregor IV. (827—844) im Oratorium des hl. Gregors d. Gr.
die drei Altäre schmückte, unter die er die Reliquien der hll. Sebastianus, Gorgo-
nius und Tiburtius übertragen hatte1*, wird man eine derartige Wandverzierung zu
verstehen haben, unter dem silbernen WH Pfund schweren Bilde aber, das sich

' C. 31 (M. 136, 1230). Die Tafel befand ' Hist. Remens. eccl. 1. 3, c. 5 (Mg. SS. XII1,

sich ante sacratissimum corpus ejus (des hl. 79).

Dionysius), also vor dem unteren gewölbten "> st. Beissei, Geschichte der Verehrung

Raum, in dem die drei Silbersärge mit den Marias (Freiburg 1909) 83.

Reliquien der bXMärtyrer efiigescblossei) waren. it q 2(11 IV, 1220)

* Jac. Doublet, I. c. 289: Sur le marbre de u

couverture . . . une voulte de pierre revestue l" ' '

au dedans de cuivre doro qui prend jus- " N. 431 (1. c. 53).

que soubs l'autel. " Vita Gregorii IV. n. 459 (1- =■ 74).
 
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