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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0555

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Neuntes Kapitel. Wandmalereien, und Behänge oberhalb der Altäre 539

wies in der Mitte in flacher Goldstickerei eine figurenreiche Krönung Marias, rechts
und Jinks, zu zwei und zwei zusammengestellt, die Apostel auf, ein vierter war mit
einer Darstellung der Auferstehung und des Gerichtes bestickt. Statt la table d'embas,
nommee dossier, ist bei diesem letzten Behang im Inventar zweifellos zu lesen la
table d'en hault

Erhalten, haben sich, wie vorhin gesagt wurde, nur äußerst wenige ein
Retabel vertretende Behänge, doch ist nicht ausgeschlossen, daß sich unter
den früher beschriebenen mittelalterlichen Antependien das eine oder andere
befindet, das nicht Antependium, sondern Rückbehang war. Insbesondere
gilt das von dem Antependium in der Hospitalkapelle zu Chäteau-Thierry
(Alane)-.

Der älteste Rückbehang, der sich aus dem Mittelalter erhalten hat, findet sich
im Dom zu Regensburg, vorausgesetzt, daß er, wie es allerdings wahrscheinlich ist,
ursprünglich wirklich über der Rückseite des Hochaltares des Domes angebracht
und nicht vielmehr bloß ein Wandbehang war. Etwa 3 m lang, also gerade so lang
wie der Hochaltar des Domes, und ursprünglich ca. 1,30 m hoch, ist er, in der
Technik der sog. Kölner Borten gewebt, ein Meisterwerk der Webekunst. In der
Mitte zeigt er den Heiland am Kreuze zwischen Maria, die von einer der frommen
Frauen begleitet ist, und Johannes, links den hl. Petrus und den knienden Stifter
des Behanges, den Bischof Heinrich; rechts standen der hl. Paulus und ein heiliger
Bischof, von denen aber der erste leider nicht mehr vorhanden ist, wie denn über-
haupt das kostbare Parament sehr gelitten hat. Die seitliche Einfassung wird von
einem mit kleinen Heiligenfiguren geschmückten Fries gebildet, die obere und untere
bestand wahrscheinlich in einem Rankenfries, von dem jetzt ein Überrest an der
linken Schmalseite angesetzt ist. Der Grund des Behanges ist in Häutchengold, das
Figurenwerk, dessen Einzelheiten in Stickerei nachgetragen wurden, in Seide und
Gold gewebt. Bischof Heinrich, der auf dem Parament als Stifter erscheint, ist
Bischof Heinrich II. (1277—1296), der Behang, wohl Begensburger Arbeit, also eine
Schöpfung des ausgehenden 13. Jahrhunderts30.

Ein interessanter gestickter Behang aus dem 15. Jahrhundert, der zweifellos als
Rücktuch eines Altares diente, befindet sich im Gewebemuseum zu Lyon (Tafel 328).
Er ist 2,57 m lang und 70 cm hoch. In der Mitte steht unter einem Baldachin die
Gottesmutter mit dem Kind; rechts und links reihen sich unter ebenso vielen fast nur
linearen Arkaden je sechs Apostel an. Der Fries, welcher den Behang oben ab-
schließt, enthält die Namen der Apostel, im untern Fries sehen wir eine Weinranke,
zwischen die in der Mitte zwei Wappen eingeschaltet sind. Die in Gold und Seide
gestickten Figuren heben sich wirkungsvoll vom blauen Satingrund ab.

Ein Meisterwerk der Stickkunst ist der Rückbehang im Hofmuseum zu Wien,
ein Bestandteil des Burgundischen Meßornates des Ordens vom Goldenen VIiesse und
Gegenstück zu dem andernorts bereits besprochenen Antependium desselben Ornates.
Seine Mitte nimmt eine Darstellung der hhl. Dreifaltigkeit ein. In gewölbter Halle
thronend, hält Gottvater in seinem Schöße den Schmerzensmann, auf dessen linker
Schulter die Taube schwebt. Beiderseits von diesem Mittelbild sitzen gleichfalls in
gewölbten Hallen oben je drei Propheten, Osee, Isaias, Moses, Habakuk, Jeremias
und Micheas, unten je drei Apostel, Thomas, Jakobus d. Ä., Petrus, Andreas, Johannes
u"d Jakobus d. J., prächtige, in vollendetster Lasurtechnik ausgeführte Gestalten
(Tafel 327).

Nicht mehr ganz vollständig und auch sonst stark beschädigt ist ein inter-
essanter Rückbehang im Schatz der Kathedrale zu Sens. Er ist laut einem Inventar
aus dem Jahre 1446 ein Geschenk der 1389 verstorbenen Johanna d'Eu, Gräfin von

'* Vgl. oben S. G4. ■» Abb. und Beschr. in Zeitschritt 1 (1888)
 
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