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Spiegelung und Reflex.

ersetzen. Auf Grund dieser Beobachtungen können wir, unter Zuhilfenahme einiger
elementarer mathematischen Vorstellungen, auch die Ausdehnung der Spiegelbilder im
äußersten Grenzfalle bestimmen. Grund- und Deckenebene, unendlich ausgedehnt, würden
jede ihre Bildgrenze in der Augenhöhe des Beschauers, also im Aequator der Kugel, finden.
Auf dem freien Meere würde also unsere Kugel in ihrer unteren Hälfte die Meeres-
oberfläche, in der oberen den Himmel abbilden. Ebenso würden die rechte und die linke
Seitenfläche, als unbegrenzte Ebenen gedacht, in der Senkrechten, die durch den Mittel-
punkt des Bildes geht, die unüberschreitbare Grenze ihrer Spiegelbilder finden, die Rück-
wand aber sich als Ringsaum abbilden, der um so breiter wird, je weiter das beobachtende
Auge sich von der Kugel entfernt.

Für Reflexe an nichtspiegelnden Körpern gelten diese Grenzbestimmungen aller-
dings nicht, obgleich unsere Untersuchungen auch für sie einen gewissen Wert beanspruchen
können.

Wie die reine Spiegelung durch leichte Störung der Spiegelfläche verändert wird,
können wir leicht bei niedrigem Sonnenstande auf dem Wasser beobachten. Mit ganz
ruhiger Oberfläche wäre das Wasser ein vollkommener Spiegel, in dem das Sonnenbild
so groß wie die Sonne selbst und ebenso weit unter der Oberfläche erscheinen müßte,
wie die Sonne darüber steht. Das tut sie niemals, da das Wasser schon bei leichtester
Wellenbewegung als Spiegelung der Sonne eine breite, glänzende Bahn zeigt, die auf den
Beobachter zuläuft und sich in seiner Nähe in glänzende Flecke auflöst. Weil an die
Stelle des einen Spiegels unendlich viele Wellenspiegel getreten sind, deren jeder nach
den Gesetzen seiner Form spiegelt, geben Schiffsmasten, Schornsteine, die Ufer auch dort
noch Spiegelbilder, wo der ebene Spiegel sie nie zeigen könnte.

An schwach glänzenden Flächen werden die Spiegelbilder undeutlicher und in der
Form unbestimmter. Mit zunehmender Rauhigkeit der reflektierenden Flächen verschwinden
sie ganz. Die Lichtreflexion wird also offenbar eine andere. Wenn wir den früher als
Beispiel herangezogenen, auf dem Fensterbrette liegenden ebenen Spiegel durch schwach
glänzende, weiße Platten, eine polierte Marmortafel, eine Milchglasplatte, ein Blatt Kunst-
druckpapier ersetzen, so wird der Reflex an der Zimmerdecke immer undeutlicher.
Unpolierte Marmortafeln und weißes Schreibpapier können ihn überhaupt nicht mehr hervor-
rufen. Parallel mit dieser Erscheinung geht aber eine andere. Der Spiegel erscheint
leuchtend nur von Orten aus, die in der Richtung der zurückgeworfenen Strahlen liegen.
Die belichtete, weiße, nichtspiegelnde Fläche ist, von überall her gesehen, hell. Die Physik
erklärt diese Erscheinungen durch den Satz, daß paralleles Licht von Spiegeln parallel,
von rauhen Flächen als diffuses oder Streulicht zurückgeworfen wird.

Nun sind Objekte mit hoch- oder schwachglänzenden Flächen in allen Naturreichen
häufiger zu finden, als man sich zuweilen gegenwärtig hält. Hochglanz zeigt sich besonders
an Mineralien (Kristallen) aber auch an vielen Insektenpanzern. In schwächerem Grade
sind aber Glanz und Spiegelung außerordentlich häufig zu beobachten. Wir nennen Knospen,
Früchte, immergrüne Blätter, glänzende Haar- und Federkleider, Schuppenkleider der
Fische, Hörner, Hufe, Krallen, Augen, ganz abgesehen von den Fällen, in denen die Körper
durch Benetzung der Oberfläche vorübergehend glänzend werden.

Unter den an ihnen entstehenden Beleuchtungserscheinungen sind die schon
erwähnten Glanzlichter ihrer Bedeutung nach so überragend, daß man in vereinfachten
 
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