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Zeichnen nach räumlichen Gebilden.

Zeichnen nach räumlichen Gebilden.

I. Das Projektionszeichnen.

Daß Aufrißzeichnungen schon in den urältesten Zeiten menschlicher Kunstübung
vorkommen, ist leicht zu erkennen. Viel weniger beachtet ist es, daß auch grundrißartige
Darstellungen den frühen Entwicklungsstufen angehören, weil sie mit Aufrißzeichnungen
gewissermaßen durchsetzt und ihrer Natur nach zuweilen nicht erkannt worden sind.

Quellenmäßig läßt sich jedenfalls belegen, daß Grund- und Aufrisse als Werk-
zeichnungen der Baumeister so alt sind, wie deren Kunst (Assur, Aegypten). Dem
Vitruvius verdanken wir 10 Bücher über Architektur, die über die zeichnerischen Methoden
der römischen Baumeister ausführlich berichten. Ein glänzendes Beispiel für die Fort-
entwicklung im Mittelalter ist die wundervolle, durch einen glücklichen Zufall erhaltene
Aufrißzeichnung der Turmfassade des Kölner Domes.

Die reichlich vorhandenen Ansätze zu einem streng wissenschaftlich durchgebildeten
Lehrgebäude zu vereinigen, blieb Gaspard Monge vorbehalten, dessen Geometrie descriptive
(Darstellende Geometrie) 1798 in Paris erschien.

Eine der Aufgaben dieser Wissenschaft ist nach Monge, auf der zweidimensionalen
Zeichenfläche alle Raumgebilde, die Länge, Breite und Höhe haben, abzubilden, voraus-
gesetzt, daß diese Gebilde streng definiert werden können.

Auf Monge geht das heute allgemein geübte Verfahren zurück, nach dem Auf-
und Grundrißzeichnungen auf einem Zeichenblatte vereinigt werden. Das wird dadurch
ermöglicht, daß man sich die senkrecht stehende Aufrißebene um ihre Schnittlinie mit
der horizontalen Grundrißebene, die sogenannte Projektionsachse, wie um ein Scharnier, um
900 gedreht und dadurch in die horizontale Lage niedergeklappt denkt. Dadurch werden
beide Projektionen eines Punktes, die erste oder Grundrißprojektion und die zweite oder
Aufrißprojektion, in einfachster Weise zueinander in Beziehung gesetzt. Sie liegen nämlich
in einer geraden Linie, die senkrecht zur Projektionsachse steht.

Für die naturwissenschaftliche Illustration sind die einfacheren Methoden der dar-
stellenden Geometrie von Wichtigkeit, wenn Lagebeziehungen wichtiger Punkte zueinander
in streng mathematischer Weise dargestellt werden sollen.

Solche Darstellungen erfordern z. B. die von Schimper, A. Braun und Schwen-
dener angestellten Untersuchungen über die Anordnung der Anhänge pflanzlicher
Achsengebilde.

Für die Tafel 12 ist als Beispiel die häufig vorkommende sogenannte 2/5 Blatt-
stellung gewählt worden. Bei dieser Stellung sind die Blätter so angeordnet, daß jedes
Blatt gegen das voraufgehende um 2/£ des Stengelumfanges verschoben ist. Eine Linie,
die alle Ansatzstellen eines Zyklus verbindet, muß also zweimal um die Achse herum-
geführt werden, um alle zu treffen, und erreicht im 6. Blatt dasjenige, das senkrecht über
dem ersten steht.

In der Abb. A ist die Achse als gerader Kreiszylinder gezeichnet. Seine erste
Projektion ist ein Kreis, die zweite ein Rechteck, dessen Basis dem Kreisdurchmesser gleich
ist. Da der Zylinder auf der Grundrißebene (PJ steht, fällt die Basis des Rechteckes mit
der Projektionsachse zusammen.
 
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