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Das Wandtafelzeichnen.

Das Wandtafelzeichnen.

Was die Illustration für den Text ist, das sei das
Zeichnen für den Unterricht. Bastian Schmid.

Wegen seiner Eigenart und seiner großen Bedeutung für den Unterricht muß dem
Wandtafelzeichnen eine besondere Besprechung zuteil werden.

Zwar schien es zeitweilig, als ob durch die Leichtigkeit, mit der vorzügliche Wand-
bilder und Tabellenwerke für den Unterricht beschafft werden konnten, durch die Ver-
wendung immer besserer und billigerer Projektionsapparate diese Bedeutung stark ein-
geschränkt werden würde. Man sah aber bald, daß das Zeichnen wertvolle Bildungselemente
in sich trägt, die beim Darbieten farbiger Bilder verloren gehen. Während früher eine
Ueberfülle von Bildern, deren Ordnung und Bereithaltung für den Unterricht schon "eine
beachtenswerte Arbeitsleistung erforderte, fast drohte, sich zwischen Schüler und Natur-
objekt einzuschieben, führt heute der Zwang zur höchsten Sparsamkeit zu einer Verarmung
der Bildersammlungen und mag das Tafelzeichnen wohl gelegentlich veranlassen, sein
eigentlichstes Gebiet zu überschreiten.

Wir versuchen zunächst, eine Vorstellung davon zu gewinnen, wie das Zeichnen
im naturwissenschaftlichen Unterricht sich gestalten müßte, wenn es zur denkbar höchsten
Vollkommenheit gelangen würde, um dann zu sehen, wie weit die Praxis diesem Ideal
nahekommen kann.

Den höchsten Anforderungen würde der Unterricht genügen, wenn jeder Schüler
nach einem richtig vorbereiteten Einzelobjekt zeichnete und die Zeichnung des Lehrers
an der Tafel nur insofern Vorbild wäre, als sie den Gang der Arbeit und die technische
Behandlung klarlegte und ein Muster überlegter, sauberer, zweckentsprechender Arbeit
darstellte. Den Unterricht so zu gestalten, ist man tatsächlich in den mikroskopischen
Praktika mancher Lehranstalten bemüht. Es ist aber nicht einzusehen, weshalb nicht das-
selbe Verfahren makroskopischen Objekten gegenüber oder beim Arbeiten mit der Lupe
eingeschlagen werden könnte. Dafür geeignete Gegenstände stehen jedem Lehrer sofort
vor Augen. Eine Zusammenstellung, die sich beliebig erweitern ließe, hat Braun a. a. O.
S. 18 und 19 gemacht.

Schon der Zeitersparnis halber muß bei diesem Zeichnen immer dahin gedrängt
werden, daß Wesentliches betont, Unwesentliches aber fortgelassen werde. Es wird also
immer eine Schematisierung eintreten, und darin liegt nicht zum mindesten der bildende
Wert. Die Zeichnung an der Wandtafel soll aber zeigen, wie weit die Schematisierung gehen
darf, ohne in Ungenauigkeit und Oberflächlichkeit zu verfallen. Mit Recht weist Dannemann
daraufhin, daß das Zeichnen nur dann wirkliche Selbstbetätigung ist, wenn das schematische
Bild unter steter Betrachtung des Naturobjektes entsteht. Es wird deshalb oft empfehlens-
wert sein, erst dann an die Wandtafel zu zeichnen, wenn die Schülerzeichnungen fertig-
gestellt sind. Auf die Schwächsten kann meistens nicht gewartet werden; aber diese
lernen, wenn sie auch nur die Tafelzeichnung kopieren, immer noch weit mehr, als beim
bloßen Betrachten eines Bildes.

Notgedrungen wird der Unterricht hinter unserm Ideal meistens weit zurückbleiben.
Wenn die Schüler aber auch nur eine gute Tafelzeichnung, die aus dem Gedächtnis oder
 
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