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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 6.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.7149#0019
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— 63 —

werden aber immer Töne in diatoniſcher Reihenfolge bilden,
wie die natürliche Tonleiter ſie darbietet. Bei einer Melodie
aber, welche nur durch drei oder vier Töne gebildet werden ſoll,
iſt offenbar die Reihenfolge der diatoniſchen Tonleiter jeder an-
dern Combination vorzuziehen, und je weiter ſich die hier ge-
wählten Jntervalle von der diatoniſchen Reihenfolge der Ton-
leiter entfernen, deſto weniger ſind ſie geeignet, ſchöne und dem
Herzen wohlthuende Melodieen zu bilden. Wir werden dieſes an
den einzelnen hier in Betracht kommenden Fällen nachzuweiſen
ſuchen.

mi ut. re

weder ganz oder theilweiſe, und in letzterem Falle ſowohl die
erſte und zweite Glocke ohne die dritte als auch die zweite und
dritte ohne die erſte brauchen zu können, was bei dem oben zu-
erſt angegebenen Tonverhältniſſe ut . re. mi mit Leichtigkeit
geſchehen kann.
3. Ein anderes für drei Glocken häufig gewähltes Tonver-
hältniß bilden die drei Töne ut. mi. ſol. Es ſind dies die-
jenige Töne der natürlichen Tonleiter, welche, wenn ſie gleichzei-
tig erklingen, die vollkommenſte Harmonie, den reinen Dreiklang
bilden. Dieſer Umſtand hat vielfach zu der Anſicht verleitet,
daß dieſe drei Töne unter allen Umſtänden die ſchönſte Com-
bination für ein Geläute bilden müßten.
Dies iſt aber, wie wir oben ſchon bemerkt haben, beim
Glockengeläute nicht der Fall, da es ſich hier nicht um eine
ſchöne Harmonie, ſondern um eine ſchöne Melodie handelt.
Daß dieſe drei Töne aber zur Bildung von Melodieen weniger
geeignet ſind, als die früher angegebenen Tonverbindungen, leuch-
tet ſofort ein, wenn man die dabei möglichen ſechs verſchiedenen
Tonfolgen einfach zu einer Melodie zuſammenſtellt:
ut mi. ſol mi . ut. ſol. mi ſol. ut. mi
ſol mi ut mi. ſol. ut
Man vergleiche dieſe Melodie mit der oben unter Nr. 1
aufgezeichneten, durch die Töne ut.re. mi gebildeten Melodie,
und man wird ſofort einen großen Unterſchied wahrnehmen.
Jene erſte Melodie würde man trotz ihres geringen Umfanges
und ihrer großen Einfachheit ſogar im Geſange für ein einfa-
ches Liedchen angenehm und wirkſam finden. Dieſe letztere
Melodie dagegen würde man im Geſange oder von einem muſi-
kaliſchen Jnſtrumente wiedergegeben unerträglich finden. Dieſe
Melodie ſagt dem Gemüthe nichts, es fehlen ihr die natürli-
chen Elemente jeder Melodie, ſie kann an und für ſich gar keine
Wirkung hervorbringen.
Daß dieſe drei Töne ut. mi. ſol auf Glocken übergetragen
dennoch ein wohltönendes Geläute bilden, liegt zunächſt in dem
eigenthümlichen Zauber des Glockentones an ſich, dann aber
auch in dem Umſtande, daß bei einem ſolchen Geläute doch
nebenbei auch die ſchöne Harmonie ſich geltend macht, deren
Elemente dieſe drei Töne bilden. Bei der Nachhaltigkeit des
Glockentones macht ſich beim Anſchlag jeder eiuzelnen Glocke
eines ſolchen Geläutes der Nachklang der beiden anderen Glo-
cken einiger Maßen geltend, und ſo gewinnt jeder dieſer drei
Töne eine ſchwache Begleitung durch den reinen Dreiklaug.
Dies kann aber den hier obwaltenden gänzlichen Mangel an
Melodie nicht erſetzen. Der eine Dreiklang, den wir hier in
beſtändiger Wiederholung hören, wenn er auch rein und ſchön
erklingt, kann für ſich allein dem Gemüthe nicht zuſagen, wenn
er auch für das Ohr angenehm klingt. Jeder wird es bei
aufmerkſamer Beobachtung wahrnehmen, daß derartige Drei-
klangsgeläute etwas Kaltes und Langweiliges an ſich haben,
und daß ihnen der geheimnißvolle Zauber gänzlich fehlt, der in
einem wohl gelungenen diatoniſchen Geläute ſich immer geltend
macht.

1. Für ein Geläute von drei Glocken, welches hier als
Regel gelten kann, hatten wir die Töne Ut . Re . Mi. unter
allen Umſtänden für die ſchönſte und zweckmäßigſte Combination.
Dieſe drei Töne bilden den Anfang der natürlichen Tonleiter
und ſomit das natürliche Fundament jeder Melodie. Sechs ver-
ſchiedene Fälle ſind denkbar, wie dieſe drei Töne aufeinander
folgen können. Stellt man ſich dieſe ſechs Tonfolgen einfach neben-
einander, ſo wird man ſich überzeugen, daß in ihnen die Ele-
mente einer lieblichen, das Gemüth anſprechenden Melodie ent-
halten ſind:
utre ii ree. ut. mi utmi. re
mi. re . ut re. mi ut.
Beim Glockengeläute kommt aber in dieſe Tonfolge noch eine
größere Mannigfaltigkeit durch die ungleichen Schwingungen
der einzelnen Glocken, welche durch das Gewicht und durch die
Größe derſelben bedingt ſind. Dadurch entſtehen oft beim zu-
fälligen Zuſammenklingen zweier Glocken Diſſonanzen, die ſich
ſofort ſchön auflöſen, durchgehende Töne, Synkopen und über-
haupt eine große melodiſche und rythmiſche Mannigfaltigkeit.
Nimmt man dazu den eigenthümlichen Zauber, der in einem
reinen vollen Glockenton liegt, den man ſchon da empfindet,
wo eine einzige gut gelungene Glocke läutet, ſo wird man be-
greifen, wie die hier in Frage ſtehenden drei Töne, auf Glocken
übertragen, zumal wenn für dieſelben eine ziemlich tiefe Ton-
lage gewählt werden kann, eine Melodie bilden können, die das
Gemüth mächtig ergreift, die es erhebt und rührt, je nachdem
die Umſtände ſind, unter denen das Geläute erklingt.
Welche Tonhöhe aber die drei Glocken bei Zugrundelegung
des Tonverhältniſſes: ut .re. mi bekommen ſollen, hängt theils
von der Größe und Beſchaffenheit des Glockenthurmes und Glocken-
ſtuhles, theils aber von den für das Geläute aufzuwendenden Geld-
mitteln ab, iſt alſo lediglich eine techniſche und financielle Frage.
Wo in dieſen beiden Beziehungen die Verhältniſſe ſich günſtig ge-
ſtalten, mag man das ut re . mi . übertragen auf die Töne
e.d.e. oder d . e fis oder auf eine noch tiefere Ton-
lage; unter minder günſtigen Umſtänden auf: f. g. a oder
g a.h oder, wenn es ſein muß, auf eine noch höhere Ton-
lage.

Es iſt eine auffallende Erſcheinung, daß dieſes Geläute des
harten Dreiklanges von proteſtantiſchen Gemeinden faſt durch-
gängig für ihre Kirchen gewählt wird, während man die offen-
bar ſchönere und wirkſamere diatoniſche Tonfolge hier abſicht-
lich zu vermeiden und den Katholiken zu überlaſſen ſcheint.
Wir geſtehen, daß uns dieſe Conſequenz unerklärlich iſt.
(Schluß folgt.)

2. Weniger empfehlenswerth als das vorerwähute Tonver-
hältniß erſcheinen die Töne: re. mi . fa. Sie bilden den An-
fang der Moll-Tonleiter und prägen dem Geläute einen vor-
herrſchend traurigen Charakter auf. Man wird ſich davon leicht
überzeugen, wenn man die bei dieſen Tönen möglichen ſechs ver-
ſchiedenen Tonfolgen einfach nebeneinander ſtellt:
re mi fa. mi
fa . mi.re mi. fa .re
Dazu kommt noch der Uebelſtand, daß man bei dieſem Ton-
verhältniße die zweite und dritte Glocke: mi. fa. nicht füglich
allein und ohne die größte Glocke brauchen kann, da die frag-
lichen beiden Glocken nur um einen halben Ton von einander
entfernt ſind, was bei andauernder Wiederholung dieſer beiden
Töne einen unangenehmen Eindruck macht. Für jede Kirche muß
es aber wünſchenswerth erſcheinen, auch in Betreff des Glockenge-
läutes eine gewiſſe Oekonomie handhaben zu können, und nach
Verſchiedenheit der kirchlichen Feierlichkeiten das Geläute ent-

JJl. Architektoniſche Fünde auf Palma

Jn dieſen Wochen bereiteten mir Reiſeaufnahmen des Archi-
tekten Franz Schulz aus Wien eine große Freude, der auf ſei-
ner Studienreiſe mehr zufällig als abſichtlich die Balearen be-
 
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