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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 7.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.7148#0017
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Chriſtliche

Kunſtblatter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 76.

Domine ilxx decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

April 1868.

J. Die Portalſculpturen der Kirche der Benediktiner-
Abtei Petershauſen bei Conſtanz.

welches das Portal darſtellt, erblickt man in der Mitte der
Seitenwände zwei Niſchen, tiefer herab zwei andere, deren un-
tere Theile von dem Pflauzenwuchſe verdeckt ſind, der dem Bo-
den entſprießt. Zwei weitere Niſchen ruhen auf dem Geſims,
das rechts und ſinks neben dem Eingang von den hier aufge-
ſtellten Säulen getragen wird, und an den Seitenwänden ſich
fortzieht. Jn der Mitte der obern Seitenwände, neben den
Bogen, welche die Thüre abſchließen, erſcheinen zwei kreisförmige
Niſchen. Jn dieſen Rahmen waren die acht Reliefbilder auf-
geſtellt, welche den Gegenſtand der folgenden Beſprechung bilden.
Ueber die vier erhaltenen Basreliefs von länglicher Form,
die etwa 2' in der Breite, 2,' in der Höhe meſſen, ſpricht
ſich der Herausgeber, Hr. Maler Hug alſo aus: ,,Die Bas-
reliefs Nro. 2 bis 6 haben ohne Zweifel Vorftellungen aus
dem Leben des heiligen Gebhard, des erſten Gründers der
Kirche, zum Gegenſtand, und zwar dürften in den beiden Fi-
guren, die auf jedem Bilde vorkommen, der Heilige ſelbſt und
ſein gräflicher Vater zu erkennen ſein. Das Bild Nro. 2,
welches ſich am beſten erhalten hat, zeigt Gebhards Abſchied
von ſeinem Vater, und ſeinen Eintritt in's Kloſter.'' Dagegen
erklärte in einer mündlichen Aeußerung Herr Münſterpfarrer
Kotz zu Conſtanz ſich dahin, daß von den fraglichen Reliefs
die Werke der chriſtlichen Barmherzigkeit dargeſtellt werden
ſollen. Dieſe Deutung, welche auch mir, bei dem erſten An-
blick, ſich als die einzig richtige darbot, werde ich im Folgenden
im Einzelnen begründen.
Die Reliefs an den Seitenwänden neben dem Eingang
bilden die Ergänzung der Darſtellungen, welche an der Ober-
ſchwelle und in dem Bogenfelde angebracht ſind. Die ernſten
Gedanken, welche dem in das Gotteshaus Eintretenden zur
Beherzigung vorgehalten werden ſollen, ſprechen ſich erſt voll-
ſtändig aus, wenn man den Jnhalt der ſämmtlichen bildlichen
Darſtellungen zuſammenfaßt.
Die Verzierung der Façaden bei den mittelalterlichen Kir-
chen des Abendlandes verfolgt vorzugsweiſe einen ethiſchen,
ſelten eine dogmatiſchen Zweck, wie es in den vorausgehenden
Perioden der Fall war, wo auch durch die Mittel, welche von
der Kunſt geboten wurden, der feſtgeſtellte Lehrbegriff nach-
drücklich in das Bewußtſein gerufen, und erläutert werden mußte,

E Als Hr. Geh. Hofr. Zell für den zweiten Band
des Archivs für die Geſchichte der Erzdiöceſe Freiburg ſeine
Abhandlung über die Kirche der Benedictiner-Abtei Petershau-
ſen bei Conſtanz bearbeitete, ſtanden demſelben außer den ver-
ſchiedenen literariſchen Hülfsmitteln zwei Zeichnungen zu Ge-
bote, welche das Portal dieſer, 1832 eingeriſſenen, Kirche dar-
ſtellen. Die eine dieſer Zeichnungen war die, welche der klei-
nen Druckſchrift des Herrn Generals von Krieg ,,Das Kir-
chenportal der Abtei Petershauſen'' (Karlsruhe, Druck der W.
Hasper'ſchen Hofbuchdruckerei 1852.) in Holzſchnitt beigegeben
iſt; die andere, die, welche in den ,,Denkmalen deutſcher Bau-
kunſt am Oberrhein'' (Freiburg, Herder 1825.) Lief. J ſich
vorfindet. Eine dritte Zeichnung, welche der Maler Nik. Hug
in den ,,Abbildungen alter Kunſtwerke im großh. badiſchen See-
kreis, Conſtanz 1832'' veröffentlicht hatte, konnte von Hrn.
Geh. Hofr. Zell damals nicht benützt werden, da dieſe aus dem
Buchhandel gänzlich verſchwunden ſind. Auch Herr General
von Krieg, der dieſe Abbildungen citirt, ſcheint ſie nicht einge-
ſehen zu haben. Als nach dem vollendeten Druck der bezügli-
chen Abhandlung es den wiederholten Bemühungen des Hrn.
Verfaſſers gelungen war, die Abbildungen des Malers Hug
zu erhalten, zeigte ſich die ganz ungeahnte Wichtigkeit derſelben.
Es ward, was bisher ſo gut wie Niemanden bekannt war,
daraus erſichtlich, daß an jeder Seite neben dem Eingang in
die Kirche vier Basreliefs aus Sandſteinplatten in die Mauer
eingelaſſen waren. Hr. Geh. Hofr. Zell hat a. a. O. S. 474
nachträglich eine kurze Nachricht darüber mitgetheilt. Zwei von
dieſen Reliefs waren kreisrund, ſechs hatten die Form von
länglichen, oben mit einem Rundbogen geſchloſſenen Fenſteröff-
nungen. Das eine der kreisrunden Basreliefs, zwei der an-
deren, gingen bei dem Abbruch der Kirche gänzlich zu Grunde;
die übrigen fünf hatten durch die Zeit viel gelitten, doch waren
die Vorſtellungen im Allgemeinen noch kenntlich, und der ge-
nannte Maler ſcheint ſie ſo treu, wie es eben thunlich war,
wiedergegeben zu haben.
Auf dem Blatte 19 der in Rede ſtehenden Abbildungen,
 
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