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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 7.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.7148#0025
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 78.

Domine dilexi docorem domus tuae. Ps. 25, 8.

Juni 1868.

J. Die bildliche Ausſchmückung des alten Domes in Cöln.

Reiches eben um die Zeit vorgelegt hatte, in welcher die Ent-
ſtehung des Moſaikbildes füglich angenommen werden kann.
Der Kaiſer hatte nämlich um das Jahr 800, wie es ſcheint,
den Biſchöfen Hildebald von Köln, Maginhard von Rouen,
Aginus von Bergamo, Gerhoh von Eichſtädt und Hartrich von
Toulouſe ein Gutachten darüber abverlangt, ob den Gerechten
des alten Bundes alle Gaben des hl. Geiſtes zu Theil gewor-
den ſeien.) Die Aufforderung Karls, ſowie die biſchöflichen
Antwortſchreiben ſind nicht erhalten, wohl aber das Schluß-
protokoll der ganzen Verhandlung, in welchem Karl den Bi-
ſchöfen für ihre Mittheilungen dankt, und den Jnhalt derſelben
rekapitulirt. Karl, oder vielmehr Alkuin, auf den wohl die
Abfaſſung des Rundſchreibens zurückzuführen iſt, entſcheidet ſich
für die Annahme, daß alle Gaben des göttlichen Geiſtes nur
in einem unauflösbaren Zuſammenhang gedacht werden können;
daß alle den Vätern ertheilt wurden, je nach dem Maaße
ihrer ſterblichen Beſchränktheit; daß ſie aber dem Erlöſer, wel-
cher die Kraft und die Weisheit Gottes iſt, in ganz anderer
Weiſe innewohnten, wie den übrigen Heiligen, nicht einzeln ver-
liehen, ſondern in ihrer Geſammtheit, von Ewigkeit an. Der
eigentliche Brief, welchem noch ein doppelter Anhang beigefügt
iſt,) ſchließt mit Wiederholung der ausgeſprochenen Ueberzeu-
gung, daß der hl. Geiſt den Vätern und den Apoſteln einge-
wohnt habe, und ebenſo durch göttliche Gnadenwirkung den
Söhnen der Kirche eingeführt werde, welche täglich in Chriſtus
zur Vermehrung ſeines Volkes wiedergeboren werden. Da nun
es dem menſchlichen Geiſte unmöglich ſei auszuſprechen, in
welcher Weiſe dieſe Gaben in Chriſtus beſchloſſen ſind, ſo bleibe
nichts übrig, als ihn, durch welchen dieſe Gaben an uns mit-
getheilt werden, durch Lobgeſang zu verherrlichen. Die beiden
Verſe, in welchen dies geſchieht, laſſen ſich als eine zu dem

(Forſetzung und Schluß.)
So wie auf ältern Moſaikbildern in S. Agatha in
Suburra zu Rom, S. Vitalis zu Ravenna, S. Laurentius
in Agro Verano zu Rom der Heiland, auf einer Sphäre
ſitzend, abgebildet war, ſo erblickte man zu Aachen den Thron
desſelben in eine Sphäre hineingeſtellt, welche in fünf Regen-
bogenfarben (weiß, blau, grün, violett und roth) erglänzte.
Nach der Beſchreibung des Augenzeugen von 1620, welcher
zu mißtrauen durchaus unſtatthaft iſt, umgaben die vier be-
kannten Thierſymbole der Evangeliſten den Sitz des Heilan-
des, wie wir ſolche auf dem dem Tutilo zugeſchriebenen
Elfenbeindeckel eines Evangeliariums in der Bibliothek zu St.
Gallen und auf zahlreichen anderen Denkmalen erblicken. Dieſe
an und für ſich durchaus wahrſcheinliche Darſtellung fehlt auf
der von Ciampini veröffentlichten Zeichnung. Hier zeigen
ſich zwei von a Beeck nicht angeführte, oberhalb des Thrones
auf beiden Seiten des Heilandes ſchwebende Engel, welche
Bücher halten. Mit Hinſicht auf dieſe Differenzen halte ich
es für ſehr zweifelhaft, daß die uns vorliegende Copie dem
Original getreulich entſprach; die Richtigkeit der Angabe des
achner Domherrn möchte ich aufrecht gehalten wiſſen.
Um den Schlußpunkt der Kuppel zogen ſich zwei con-
centriſche Lichtkreiſe umher; ſie deuteten auf das unnahbare
Licht, innerhalb deſſen das göttliche Weſen aller menſch-
lichen Anſchauung und Erkenntniß ſich entzieht. Mit der in
Menſchengeſtalt erſchienenen, als künftigen Weltrichter dar-
geſtellten zweiten Hypoſtaſe der Gottheit vollendet ſich die An-
deutung der Dreieinigkeit. Aus dem zweiten, untern Lichtkreiſe
brachen Strahlen hervor, von welchen zwei ſich auf die Schul-
tern des Heilandes herabſenkten. Beachtet man die Ausdehnung
des Raumes an der Kuppel, welchen der Zeichner von ſeinem
Standpunkte, der wohl auf der Empere gewählt war, über-
ſchaute, ſo läßt ſich die Anzahl der Strahlen auf ſieben be-
ſtimmen. Dieſe verſinnbildlichten die ſieben Gnadengaben des
hl. Geiſtes. Die Hinweiſung auf dieſe glaube ich in Verbin-
dung bringen zu dürfen mit der Behandlung einer theologiſchen
Frage, welche Karl d. Gr. den ausgezeichnetſten Prälaten ſeines

) Carol. M. Ep. 14. (Migne, Patrol. Lat. P. XCVJJJ. col. 914.)
Die Frageſtellung mochte angeregt worden ſein durch die Controverſe
über das Ausgehen des hl. Geiſtes vom Vater und vom Sohne, welches
Dogma der oſtrömiſchen Kirche gegenüber verfochten wurde. Die nähere
Veranlaſſung jedoch, welche Karld. Gr. bewogen hatte, die betreffenden
Gutachten einzuholen, lag wohl in einer Ausführung des Papſtes Gregor
J. (Moral. Liv. XXX. eap. 32.) welcher, wie man ſieht, die fränkiſchen
Hoftheologen nicht beipflichteten.
) M. vgl. istoire Iittéraire France. T. IV. p. 400.
 
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