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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 77.

Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

Mai 1868.

J. Die bildliche Ausſchmückung des alten Domes in Köln.

Angelus ac patrum phiala fert vota piorum;
Thuris opes redolent per hunc et aromata cordis.
(4) Hic sex discipulos trames describit honoros,
Dulcis odor Christi per quos respirat in orbe.
(5) Campus hie aureolus, argenti qui vomit undas,
Sex alios Domini fidos designat amicos.
(6) Guntharius praesul, Christi venerandus amore,
Has fieri species speculandaque schemata jussit.

Eine Sammlung der in den Rheinlanden —d. h. in allen
Gebieten, welche der vaterländiſche Strom durchfließt — erhalte-
nen chriſtlichen Jnſchriften älterer Zeit iſt von Hrn. Dr. Kraus
in Pfalzel bei Trier unternommen worden, und nach den ein-
laufenden Nachrichten ſchreitet das mühſame Werk rüſtig ſeiner
Vollendung entgegen. Es bedarf keiner weiteren Ausführung
um darzuthun, von welch einer großen Wichtigkeit dieſe Samm-
lung auch für die Geſchichte der chriſtlichen Kunſt in Deutſch-
land ſein wird. Dasſelbe wird ein reiches Material aufſpei-
chern, wodurch das Andenken an ſo viele untergegangene Denk-
male gerettet, in Betreff vieler erhaltener die Entſtehungszeit, die
ſucceſſive Umgeſtaltung derſelben, die Bedeutung ihrer De-
koration u. ſ. w. theils zu beſtimmen und zu erkennen, theils
zu vergewiſſern ermöglicht werden wird. Wir rufen deßhalb
mit der lebhafteſte Theilnahme dieſem Unternehmen ein freudiges
,,Glück auf'' zu. Unter den zahlreichen bisher unedirt gebliebenen
wird die Sammlung cine Reihe in den Kreis ihrer Aufgabe
gehörigen Jnſchriften veröffentlichen, welche ſich unter den —
in einer Handſchrift der burgundiſchen Bibliothek zu Brüſſel er-
haltenen — Gedichten des Jrländers Sedulius vorfinden, der
während der zweiten Hälfte des JX. Jahrhs. (etwa von 840 an)
eine lange Reihe von Jahren in Deutſchland und Jtalien ver-
lebte. Wir werden im Folgenden die bildliche Ausſchmückung
des alten Domes in Köln beſprechen, über welche wir durch
die den Gedichten des genannten Verfaſſers eingereihten Jnſchrif-
ten Kunde erhalten.
Dieſe Jnſchriften, ſechs an der Zahl, beziehen ſich, wie
in der letzten ausgeſagt wird, auf kirchliche Dekorationen,
welche auf Veranſtaltung des kölniſchen Erzbiſchofes Gunthar
zur Ausführung kamen. Sie lauten:
(1) Iste Cherub Christi nova signat mystica legis;
Munditiae phialam hic gestat flore refertam;
Thuriboloque precum sacros hic spirat odores.
(2) Cingitis Altithronum leo, bos, homo rexque voluerum;
Geon, tuque Phison, Euphrates, Tigris et amnis.
(3) Eminet, eoce, Cherub, antiquae gloria legis!

Der Bau des.alten Domes in Köln wurde begonnen von
dem Erzbiſchof Hildebold, welcher im J. 785 ſeinen ober-
hirtlichen Stuhl beſtieg, und im J. 819 ſtarb. Die lokale
Tradition, daß Hildebold die ihm durch die letztwillige Ver-
fügung Karl d. Gr. zugewieſenen Geldmittel zum Bau der
Domkirche verwendet habe, hat, wie Hr. Ennen bemerkt,)
keine urkundliche Grundlage. Wenn die unter den Gedichten
des Alkuin (Nr. CCVJJ.) befindliche Jnſchrift, in welcher
ausgeſagt wird, daß Hildebold den Altar des hl. Petrus (in
dem kölner Dome) mit edlen Metallen habe ausſchmücken laſſen,
wirklich von Alkuin herrührt, ſo müßte um das Jahr 804,
in welchem der Letztere ſtarb, die Kirche — wenigſtens was
einen der Chöre betrifft — ſchon vollendet, oder doch der
Vollendung nahe geweſen ſein.Soviel wiſſen wir gewiß, daß
noch lange Zeit an dem Bau fortgearbeitet wurde, und daß
die Einweihung, wie von zwei Urkunden feſtgeſtellt wird, erſt
am 27. Dezbr. 874 ſtattfand.3) Die Richtigkeit der von dem
gelehrten Verfaſſer der Geſchichte der Stadt Köln ausgeſprochenen
Anſicht, die Grundſteinlegung des Domes werde in die Zeit
datirt werden müſſen, in welcher der kölniſche Biſchofſtuhl zur
Metropolitanwürde erhoben wurde, wird wohl keiner Bean-
ſtandung unterliegen. Ein Brief des Erzbiſchofes Gunthar
vom J. 857 an den Biſchof Altfried von Hildesheim erwähnt
bereits drei Altäre des Domes. Ohne Bedenken darf voraus-
geſetzt werden, daß der Dom ausgebaut war, als Gunthar, der
bekanntlich in ſchmachvoller Weiſe bei der Eheſcheidungsſache des

) Geſchichte der Stadt Köln. Bd. I. S. 193.
) Ennen und Eckertz, Quellen zur Geſchichte der Stadt Köͤln. S
435f.
 
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