EHEMALS LANDAUER-KAPELLE
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die Übereinstimmungen von Engelsturzkarton und Petruskarton
und bekräftigt die Zuschreibung beider an Kulmbach); Butts 1990,
S. 65-79 (erneut ausführliche Auseinandersetzung mit der Frage
der Autorschaft des Engelsturzkartons; pro Dürer); Scholz 1991,
S. 121-124 (sieht die künstlerische Verantwortung für das gesamte
Ausstattungsprogramm bei Dürer, dem auch die ersten Entwürfe
zuzuschreiben seien; vermutet hinter den erhaltenen Kartonzeich-
nungen einen Mitarbeiter der Hirsvogel-Werkstatt, den sog. »Meis-
ter des Heinrichskopfs«, benannt nach dem Hl. Kaiser Heinrich
im Bamberger Fenster von 1501/02); Strieder 1992, S. 85-88 (Be-
schreibung des ikonographischen Programms der Verglasung und
Diskussion der Zuschreibung des Kartons in Boston; betont, dass
dieser und die übrigen Vorzeichnungen sicher im »engstem Kreis
um Albrecht Dürer« entstanden sein müssen, bezweifelt indessen
Fig. 397. Nürnberg, Allerheiligenkapelle.
Grundriss mit Fensterschemata im Maßstab 1:300.
die Eigenhändigkeit); Schütz 1994, S. 15-18 (bringt eine wenig überzeugende Verteilung der Glasgemälde in den
Fenstern; gibt die Entwürfe der Fenster einem Mitarbeiter Dürers); Kutschbach 1995, S. 131, 134-138 (betont
die Gleichzeitigkeit des Entwurfs für Altar und Fenster und Dürers Gesamtverantwortung für die künstlerische
Ausstattung der Kapelle; bietet in Anlehnung an Carty 1985 weiterreichende Überlegungen zum gattungsüber-
greifenden Gesamtprogramm der Kapelle); Scholz 1998, S. 162 (schreibt Dürer die Oberleitung für das künstleri-
sche Gesamtprogramm der Kapelle zu und verortet die Entwürfe und Kartons in dessen unmittelbarem Umkreis;
der Zuweisung des Engelsturzkartons an einen nachgeordneten Meister ist beizupflichten); Scholz 2000, S. 30
(wie 1998); Barbara Butts, in: Kat. Ausst. Los Angeles/Saint Louis 2000, S. 116-121 (bekräftigt erneut ihre
Zuschreibung des Bostoner Kartons an Dürer selbst); Butts 2003, S. 349-351 (ebenso); Grebe 2006, S. 8/f. (die
Fenster »nach Dürers Entwürfen und den Reinzeichnungen Hans Süss’ von Kulmbach« in der Hirsvogel-Werk-
statt ausgeführt); Becksmann 2010, I, S. 469, Anm. 181 (sieht in der partiellen Farbverglasung der Landauer-Ka-
pelle ein wesentliches Vorbild für Baldungs Formfindung in der Chorkapellen-Fenstern des Freiburger Münsters
von 1517-1528).
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Das Landauer’sche Zwölfbruderhaus war nach dem Vorbild des
von Konrad Mendel mehr als 100 Jahre zuvor 1388/97 gestifteten Zwölfbruderhauses als Altmännerhaus für zwölf
rechtschaffene, ohne eigenes Verschulden mittellos gewordene Nürnberger Handwerker im Jahr 1501 von Matthäus
Landauer gestiftet worden1. Die Zwölfzahl der Insassen nahm Bezug auf das biblische Vorbild der Apostelgemein-
schaft. Matthäus Landauer d.J., Sohn des Malers und Kaufmanns Markus Landauer2, hatte seinen ungeheuren Reich-
tum als Großkaufmann und Montanunternehmer erworben. Durch die Gründung eines Schmelzhüttenwerks 1479
in Eisfeld in Thüringen und das dort praktizierte neue Verfahren der Saigerung zur Veredelung von Rohkupfer bei
gleichzeitiger Gewinnung von Silber profitierten Landauer und sein Geschäftspartner Hans Stark in hohem Maß von
dem in Nürnberg konzentrierten Kupfer verarbeitenden Gewerbe, vorzugsweise von der sich ungeahnt entwickelnden
Waffenindustrie. Die mit Blick auf die hohen Gewinne ohne Rücksichten auf Land und Leute betriebene Verhüttung
in Thüringen war die Haupteinnahmequelle des Unternehmens; die finanziellen Überschüsse dienten dem Ausbau des
Hüttenbetriebs selbst und dem Grunderwerb, etwa der Herrschaft Wölkersdorf vor den Toren der Reichsstadt, oder
sie flössen in fromme und karitative Stiftungen, darunter als die bedeutendste Stiftung Landauers die Errichtung des
1 Zur Mendel’schen Stiftung ausführlich Gerhard Fouquet, Zwölf-
Brüder-Häuser und die Vorstellung vom verdienten Ruhestand im
Spätmittelalter, in: Sozialgeschichte mittelalterlicher Hospitäler, hrsg.
von Neithard Bulst und Karl-Heinz Spiess (Vorträge und Forschun-
gen 65), Ostfildern 2007, S. 37-76; s. auch Johann Wolfgang Hilpert,
Geschichte der Brüder- und Seelhäuser (Mendel und Landauer), 1855
(StadtBN, Nor. H. 1655), und Wilhelm Treue u.a. (Hg.), Das Haus-
buch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung zu Nürnberg. Deutsche
Handwerkerbilder des 15. und 16. Jahrhunderts, München 1965. - Zur
Landauer-Stiftung besonders: Vogt 1900, S.9L; Ahlborn 1969,
S. 101-116; Kurzinventar *0977/82, S.191L - Die in der älteren Lokal-
literatur - Carbach, Würfel u.a. - sowie in zahlreichen Abschriften
kolportierte Mitwirkung eines gewissen Erasmus Schiltkrot, von Ge-
burt Engländer und Alchemist mit der obskuren Befähigung zur Gold-
macherei, findet in den Nürnberger Schriftquellen keinerlei Widerhall
und ist bereits von Vogt ins Reich der Legende verwiesen worden. Der
Stiftungsbrief ist verloren, doch im Repertorium des Stadtarchivs ver-
zeichnet (StadtAN, D8, 80, Nr. 221); er datiert vom 23. Januar 1510.
2 Nürnberger Künstlerlexikon 2007, II, S. 878!.; ebenda folgt
auch ein Eintrag zu Matthäus Landauer.
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die Übereinstimmungen von Engelsturzkarton und Petruskarton
und bekräftigt die Zuschreibung beider an Kulmbach); Butts 1990,
S. 65-79 (erneut ausführliche Auseinandersetzung mit der Frage
der Autorschaft des Engelsturzkartons; pro Dürer); Scholz 1991,
S. 121-124 (sieht die künstlerische Verantwortung für das gesamte
Ausstattungsprogramm bei Dürer, dem auch die ersten Entwürfe
zuzuschreiben seien; vermutet hinter den erhaltenen Kartonzeich-
nungen einen Mitarbeiter der Hirsvogel-Werkstatt, den sog. »Meis-
ter des Heinrichskopfs«, benannt nach dem Hl. Kaiser Heinrich
im Bamberger Fenster von 1501/02); Strieder 1992, S. 85-88 (Be-
schreibung des ikonographischen Programms der Verglasung und
Diskussion der Zuschreibung des Kartons in Boston; betont, dass
dieser und die übrigen Vorzeichnungen sicher im »engstem Kreis
um Albrecht Dürer« entstanden sein müssen, bezweifelt indessen
Fig. 397. Nürnberg, Allerheiligenkapelle.
Grundriss mit Fensterschemata im Maßstab 1:300.
die Eigenhändigkeit); Schütz 1994, S. 15-18 (bringt eine wenig überzeugende Verteilung der Glasgemälde in den
Fenstern; gibt die Entwürfe der Fenster einem Mitarbeiter Dürers); Kutschbach 1995, S. 131, 134-138 (betont
die Gleichzeitigkeit des Entwurfs für Altar und Fenster und Dürers Gesamtverantwortung für die künstlerische
Ausstattung der Kapelle; bietet in Anlehnung an Carty 1985 weiterreichende Überlegungen zum gattungsüber-
greifenden Gesamtprogramm der Kapelle); Scholz 1998, S. 162 (schreibt Dürer die Oberleitung für das künstleri-
sche Gesamtprogramm der Kapelle zu und verortet die Entwürfe und Kartons in dessen unmittelbarem Umkreis;
der Zuweisung des Engelsturzkartons an einen nachgeordneten Meister ist beizupflichten); Scholz 2000, S. 30
(wie 1998); Barbara Butts, in: Kat. Ausst. Los Angeles/Saint Louis 2000, S. 116-121 (bekräftigt erneut ihre
Zuschreibung des Bostoner Kartons an Dürer selbst); Butts 2003, S. 349-351 (ebenso); Grebe 2006, S. 8/f. (die
Fenster »nach Dürers Entwürfen und den Reinzeichnungen Hans Süss’ von Kulmbach« in der Hirsvogel-Werk-
statt ausgeführt); Becksmann 2010, I, S. 469, Anm. 181 (sieht in der partiellen Farbverglasung der Landauer-Ka-
pelle ein wesentliches Vorbild für Baldungs Formfindung in der Chorkapellen-Fenstern des Freiburger Münsters
von 1517-1528).
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Das Landauer’sche Zwölfbruderhaus war nach dem Vorbild des
von Konrad Mendel mehr als 100 Jahre zuvor 1388/97 gestifteten Zwölfbruderhauses als Altmännerhaus für zwölf
rechtschaffene, ohne eigenes Verschulden mittellos gewordene Nürnberger Handwerker im Jahr 1501 von Matthäus
Landauer gestiftet worden1. Die Zwölfzahl der Insassen nahm Bezug auf das biblische Vorbild der Apostelgemein-
schaft. Matthäus Landauer d.J., Sohn des Malers und Kaufmanns Markus Landauer2, hatte seinen ungeheuren Reich-
tum als Großkaufmann und Montanunternehmer erworben. Durch die Gründung eines Schmelzhüttenwerks 1479
in Eisfeld in Thüringen und das dort praktizierte neue Verfahren der Saigerung zur Veredelung von Rohkupfer bei
gleichzeitiger Gewinnung von Silber profitierten Landauer und sein Geschäftspartner Hans Stark in hohem Maß von
dem in Nürnberg konzentrierten Kupfer verarbeitenden Gewerbe, vorzugsweise von der sich ungeahnt entwickelnden
Waffenindustrie. Die mit Blick auf die hohen Gewinne ohne Rücksichten auf Land und Leute betriebene Verhüttung
in Thüringen war die Haupteinnahmequelle des Unternehmens; die finanziellen Überschüsse dienten dem Ausbau des
Hüttenbetriebs selbst und dem Grunderwerb, etwa der Herrschaft Wölkersdorf vor den Toren der Reichsstadt, oder
sie flössen in fromme und karitative Stiftungen, darunter als die bedeutendste Stiftung Landauers die Errichtung des
1 Zur Mendel’schen Stiftung ausführlich Gerhard Fouquet, Zwölf-
Brüder-Häuser und die Vorstellung vom verdienten Ruhestand im
Spätmittelalter, in: Sozialgeschichte mittelalterlicher Hospitäler, hrsg.
von Neithard Bulst und Karl-Heinz Spiess (Vorträge und Forschun-
gen 65), Ostfildern 2007, S. 37-76; s. auch Johann Wolfgang Hilpert,
Geschichte der Brüder- und Seelhäuser (Mendel und Landauer), 1855
(StadtBN, Nor. H. 1655), und Wilhelm Treue u.a. (Hg.), Das Haus-
buch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung zu Nürnberg. Deutsche
Handwerkerbilder des 15. und 16. Jahrhunderts, München 1965. - Zur
Landauer-Stiftung besonders: Vogt 1900, S.9L; Ahlborn 1969,
S. 101-116; Kurzinventar *0977/82, S.191L - Die in der älteren Lokal-
literatur - Carbach, Würfel u.a. - sowie in zahlreichen Abschriften
kolportierte Mitwirkung eines gewissen Erasmus Schiltkrot, von Ge-
burt Engländer und Alchemist mit der obskuren Befähigung zur Gold-
macherei, findet in den Nürnberger Schriftquellen keinerlei Widerhall
und ist bereits von Vogt ins Reich der Legende verwiesen worden. Der
Stiftungsbrief ist verloren, doch im Repertorium des Stadtarchivs ver-
zeichnet (StadtAN, D8, 80, Nr. 221); er datiert vom 23. Januar 1510.
2 Nürnberger Künstlerlexikon 2007, II, S. 878!.; ebenda folgt
auch ein Eintrag zu Matthäus Landauer.