Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
312

SEBALDER PFARRHOF


Fig. 242, 243. Engel mit den Wappen Kaiser Maximilians I. und des Erzherzogtums Österreich.
Chörleinfenster n III, ta und ic. Hirsvogel-Werkstatt (Hans Hirsvogel d.J.?) wohl nach Entwurf Hans von Kulmbachs, 1514

bestimmter Herkunft, die erst in jüngerer Zeit hier eingeflickt
wurden30; weitere Reparaturen betreffen die obere Hälfte der
linken Säule sowie kleinere Ausflickungen in der Bogenrah-
mung. Die Bemalung der originalen Teile - Hl. Monika, In-
nenraum- und Rahmenarchitektur - ist ungetrübt bewahrt.
Bleinetz erneuert; mehrere störende Sprungbleie.
Ikonographie, Komposition: Die Heiligen erscheinen einander
gegenübergestellt in einem Gewölberaum, der sich hinter dem
Kirchenvater in eine tiefe Landschaft öffnet und vorn durch
einen von Säulen getragenen Rundbogen gerahmt wird. Ihre
Identifizierung ist durch den Vergleich mit dem erhaltenen
Scheibenriss Hans von Kulmbachs in der Kunsthalle Bremen
gesichert3 . Dort erscheint am Boden vor dem späteren Bischof
von Hippo als dessen ureigenstes Attribut der kleine Knabe
mit einem Löffel in der Hand. Die Legende besagt, dass Au-
gustinus am Strand von Ostia wandelnd über das Geheimnis
der Dreifaltigkeit Gottes nachsinnend auf das Knäblein traf,
das versuchte, alles Wasser des Meeres in eine kleine Grube zu
schöpfen. Von Augustinus belehrt, dass diese Anstrengung ver-
geblich sei, erhielt er zur Antwort, dass es ebenso unmöglich
sei, jenes Geheimnis zu ergründen32. Augustinus wurde 354 in
Tagaste in Numidien geboren und starb am 28. August 430 in
Hippo33.
Die weibliche Heilige an der Seite des Augustinus ist durch das
Attribut des Rosenkranzes als dessen Mutter Monika gekenn-
zeichnet, die durch ihr mustergültiges, gottgefälliges Leben
und ihre inständigen Gebete die Gnade der Bekehrung ihres
Sohnes erwirkte, dessen Taufe in Mailand erlebte und 387 in
Ostia starb. Die Fanfare blasenden Satyrn in den Bogenzwi-

ckeln sind von Barbara Butts als unzweifelhafter Hinweis auf
die prächristliche, von Ausschweifungen geprägte, allzu welt-
liche Jugend des späteren Kirchenvaters gedeutet worden34.
Technik, Stil, Datierung: Trotz enger Anlehnung an die Vorlage
Hans von Kulmbachs entspricht die zeichnerische Ausführung
durch den Glasmaler jenem technisch perfekten, gleichwohl
trocken routinierten Werkstattstil der Spätzeit, der angesichts
seiner weiten Verbreitung am überzeugendsten mit Veit Hirs-
vogel d.J. verbunden werden kann. Der ausgiebige Einsatz von
rückseitig aufgetragenen, flächigen rotbraunen Überzügen zur
Abtönung der Architekturteile ist durchaus charakteristisch
für die Zeit um 1520.
CVMA Großdia A 2/152

Schultz 1908-1933, I,i, Abb. 35, zeigt diese Einflickungen noch
nicht.
31 Kunsthalle Bremen, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. 81/261; vgl.
Kat. Ausst. Los Angeles/Saint Louis 2000, S. 168, Nr. 59 (Barbara
Butts) zuletzt Butts 2006, S. 194, Nr. A116 (mit älterer Literatur).
32 Vgl. LCI, V, 1973, Sp. 277-290, hier Sp. 288 (Ekkart Sauser); Braun
1943, Sp.110.
33 Vgl. Augustinus-Lexikon, I, Basel 1986, Sp. 519-550 (Gerald Bron-
ner).
34 Barbara Butts, in: Kat. Ausst. Los Angeles/Saint Louis 2000,
S. 171.
 
Annotationen