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bescheidenen Atelier des Hrn. Schneider verdankt, dem die Ehre der Er-
findung dieser Erzeugnisse gebührt. — Anfänglich wurden die Arbeiten in
reinem Gyps ausgeführt; die ungemeine Weichheit der Masse aber und die
sehr leichte Zerbrechlichkeit derselben — da die Produkte wenig die wirkliche
Stärke der Naturgegenstände übertreffen — ließ die Anwendung eines halt-
bareren Materials wünschenswerth erscheinen. Den unablässigen Bemühungen
des Hrn. Schneider gelang es denn auch, vermittelst chemischer Zusätze dem
krystallisirten Gyps eine bedeutende Härte zu geben, und durch feine Drähte
wird noch die Dauerhaftigkeit der Fabrikate erhöht; die getrocknete Masse
tönt beim Anschlägen fast wie Porzellan. — Diese Blätter und Pflanzen-
Abgüsse eignen sich vortrefflich zu architektonischen Zimmerverzierungen und
werden als solche bei Prachtbauten auch vielfach angewendet, so z. B. bei
dem neuen Schlosse zu Schwerin, bei Bauten in Wismar, in Stockholm rc.
Eine weitere Verwendung dieser Abgüsse findet statt zu Palmetten auf Rah-
men; endlich aber und hauptsächlich mit sind sie ausgezeichnete Vorlagen für
Zeichnungen nach der Natur, wie denn auch die Gypsabdrücke auf Pa-
pier als naturgetreueste Borlegeblätter für den Zeichnenunterricht dienen. —
Außer ^einzelnen Blättern und Blumen werden von Hrn. Schneider auch
ganze Zweige, Sträucher rc. in Gypsabgüssen gefertigt, eben so Blätter und
Blumen in Gruppen als Basrelief. Die ganze Produktion, an und für sich
schon schwierig, wird noch besonders mühsam dadurch, daß einzelne Originale
nur eine Kopie gestatten, weil, um dieselbe sauber und naturgetreu aus der
Form zu erhalten, diese bei dem Heransnehmen vernichtet werden muß; so
z. B. bei den verschiedenen Distel- und Nesselarten, der Butterblume rc. Alle
diese Erzeugnisse lassen sich leicht vergolden, versilbern, bronciren, lackiren rc.,
und ein derartiges Sortiment macht einen hübschen Eindruck. Solche Sor-
timents sind schon von 4 Thlr. an zu haben, und enthalten für diesen Preis
über 60 Stücke, theils Blätter von Bäumen, Sträuchern, Blumen und Kräu-
tern, theils Blumen, theils ganze Zweige. Die Auswahl wird gern eigenem
Ermessen anheimgegeben, so daß die Zusammenstellung eine irgend beliebige
und große sein kann, wie denn auch einzelne Stücke billig zu haben sind.

-In Professor A. Teschners Atelier (am Exercierplatz vor dem

Brandenburger Thor) ist gegenwärtig der von demselben komponirte und aüs-
geführte große Carton aufgestellt, welcher, zur Ausführung in Glasmalerei
für ein Fenster des Aachener Doms bestimmt, „die Widmung des Aachener
Münsters durch Karl den Großen zur Ehre der Mutter Gottes" darstellt.
Von Engeln umgeben, sitzt Maria auf einem Thron und blickt huldvoll auf
das Modell des Münsters herab, welches ihr von Karl dem Großen, der
zur Linken des Thrones knieet, dargereicht wird. Dem Kaiser gegenüber,
ebenfalls knieend, der Engel der Verkündigung. Zur Seite Karls des Gro-
ßen der Engel des Friedens mit dem Palmzweig, ihni gegenüber aus der
anderen Seite der Engel der Unschuld mit der Lilie. Ganz oben schwebt in
einer Glorie der heilige Geist in Gestalt einer Taube. — Diese Gruppe bildet
den oberen Theil der Komposition. Unten, auf einen, Mosaikboden, gruppiren
sich die zwölf Deutschen Kaiser, welche zur Verherrlichung des Doms beige-
tragen haben. In der Mitte Heinrich II. oder der Heilige, in dem ersten
Felde links Lothar, gegenüber Friedrich II., welcher im Jahre 1215 den Dom
gegründet, beide als Schildhalter mit dem Deutschen Reichsadler, im zweiten
Felde links Otto der Große, auf das Schwert sich stützend, ihm gegenüber
im vierten Felde rechts Barbarossa mit gezücktem Schwerte, beide als die
für die Erbauung des Doms mächtigsten Kaiser. Zwischen ihnen reihen sich
noch ein: Ludwig der Fromme, Heinrich I., Otto II., Otto III., Heinrich III.,
Heinrich IV. und Heinrich VI. — Dieser Carton ist ein Werk, welches dem
Künstler zur hohen Ehre gereicht. Professor Teschner ist aus der Schule
Cornelius' hervorgegangen, und wenn er auch nicht die großartige Energie
der Gestaltung zeigt wie der Meister, so spricht sich doch in der mit unge-
meinem Fleiß durchgeführten Komposition eine edle Einfachheit des Stils in
der Art der alten Meister, aber vermittelt mit unseren heutigen gereinigteren
Vorstellungen, aus, welche den Ernst des Strebens und die Tiefe der Em-
pfindung in hohem Maße bekundet. Möge die Ausführung deS Glasgemäl-
des in demselben einfachen und edlen Charakter gelingen. — Sr. Kgl. Hoh.
der Prinz Friedrich von Preußen besuchte kürzlich das Atelier des.Künst-
lers und drückte demselben seine volle Anerkennung aus.

— — Eins der schönsten Bilder der Bildergalerie des Königlichen Mu-
seum's, Murillo's „büßende Magdalena", welches bisher noch nicht durch
den Stich veröffentlicht ist, wird jetzt von einem Schüler des Prof. Mandel,
der mit letzterm im vorigen Jahre auch England besuchte, den Kupferstecher
Sachs, in Kupferstich ausgeführt und zwar in Linien-Manier. Die Zeichnung,
welche er zu diesem Behuf dem Original entnommen, ist bereits fertig. Der
Künstler hofft im Laufe dieses Zahres den Stich zu vollenden.

— — Der Ehrenpreis, welchen Se. Majestät der König zu den am
20. Mai in Stettin nach längerer Zeit zum ersten Male wieder stattfindenden
Pferderennen zu bewilligen geruht haben, besteht in eipem 10 Mark ll löthg.
Silbers schweren Schilde und ist hier in dem Atelier der Hofgoldschmiede
Sy L Wagner gefertigt. Die Form des Schildes ist kreisförmig und hat
wohl 18 Zoll Durchmesser. Das Ganze ist wellenförmig gehalten, so das
der mittlere Theil des Schildes gegen 3 Zoll höher ist, als der Rand; die
Steigungen sind in glatter Arbeit ausgeführt, die Zwischenräume in erhabener
Arbeit. Den äußersten Rand bildet ein Eichenkranz von etwa 1V2,Zoll
Durchmesser, dem sich, schon etwas ansteigend, gravirte Verzierungen anschlie-
ßen und durch eine größere Wölbung den Uebergang bilden zu einem Haupt-
Relief von 2 Zoll Durchmesser, Rennscenen darstellend, welche eben so trefflich
komponirt, als meisterhaft ausgeführt sind. Von derselben führt eine noch
höhere Wölbung zu einem erhaben gearbeiteten Lorbeerkranz von 1 Zoll
Durchmesser, und von diesem eine sanfte Steigung zur Mitte des Schildes.
Diese krönt der ebenfalls in erhabener Arbeit sehr kunstreich ausgeführte pom-
mersche Greif, welcher mit dem ihn umgebenden halbzölligen glatten Rande

einen Durchmesser von 7 Zoll hat. Das Ganze gewährt einen überaus
prächtigen Anblick, die Arbeiten sind eben so geschmackvoll als sauber ausge-
führt, und bewähren auf's Neue den bekannten wohlbegründeten Ruhm des
Ateliers, aus welchem sie hervorgegangen.

-In dem Sachse'schen Lokal ist jetzt der erste Probe-(Aetz-)Druck

des großen Bereinsstichs für die Mitglieder des „Museums für Kunst und
künstlerische Interessen" zur Ansicht gestellt. Ebendaselbst werden Beitritts-
erklärungen zum Verein angenommen. Wir kommen in der näcksten Nummer
ausführlich auf die Angelegenheit des Museums zurück.

— — In dem Sachse'schen Lokal (Permanente Gemäldeausstellung)
war in voriger Woche eine große, sehr ausgeführte Bleistiftzeichnung von
Hünten ausgestellt, welche „die Schlacht von Kaiserslautern" darstcllt, und
für das großartige und populaire Unternehmen der Arnz'schen Kunsthandlung
in Düsseldorf bestimmt ist. Indem wir uns ein näheres Eingehen auf dies
Unternehmen so wie auf eine nähere Beschreibung des Cartons Vorbehalten,
bemerken wir für heute nur vorläufig, daß das Werk, welches „die Haupt-
momente der vaterländischen Geschichte" in 25 kolossalen lithographischen Blät-
tern (von der Größe des ausgestellten Kartons: 3 Fuß lang und 2 Fuß hoch)
umfassen soll, durch die ausgezeichnetsten deutschen Künstler, wie Lessing,
Leutze, Mentzel, Bleibtreu, Fay, Camphausen und Hünten, aus-
geführt wird. Man kann sich von dem Umfang des Planes, worauf dies
wahrhaft patriotische Unternehmen gegründet ist, einen Begriff machen, wenn
man bedenkt, daß wegen der ganz unerhörten Größe der Blätter eine ganz
besondere Presse gebaut werden muß und daß trotz dieser kolossalen Größe
und trotz der ausgezeichneten künstlerischen Ausführung, wie sie schon durch
die daran betheiligten Künstlernamen garantirt wird, das Blatt doch nur
1 Thlr. kosten soll. Was die technische Ausführung auf den Stein betrifft,
so genügt die Erwähnung, daß Lithographen ersten Ranges wie Mouilleron,
Feckert u. s. w. dafür engagirt sind. Es versteht sich von selbst, daß nur
eine dem nationalen Zweck angemessene Betheiligung der ganzen Nation an
diesem Unternehmen die ungeheuren Kosten <wie wir hören ist das Ganze auf
100,000 Thlr. veranschlagt) zu decken im Stande ist. Indessen zweifeln wir
an dem Gelingen des Unternehmens um so weniger, als wir in der That
ein wahrhaft vaterländisches Werk dieser Art, welches durch seinen Kunstwerth
ebenso sehr den geläuterten Geschmack, wie durch seine große Bedeutung flir
Schulen und Erziehungsanstalten aller Art ein praktisches Bedürfniß befrie-
digen muß, bis petzt noch gänzlich entbehren.

— — Welche scharfe Meinungsdisierenzen über die Gatti'sche Aus-
stellung selbst zwischen unfern Kunstautoritäten obwalten, davon hat neulich
ein Vorfall Zeugnis; abgelegt, welcher sich in dem Salon eines hochstehenven
und einflußreichen Mannes ereignet hat, der sich hauptsächlich warm für die
Zustandebringung der Gattiffchen Ausstellung interefsirte. Einer unsrer
geachtetsten und bekanntesten Künstler, Prof. M., welcher als Gast desselben
anwesend war, äußerte, unbekannt mit der Sachlage, in völliger Unbefanzen-
heit seine mißfällige Verwunderung darüber, daß die Akademie die Errichtung
dieser mehr spekulativen als künstlerischen Ausstellung zugegeben habe. „Das
ist mir schon einmal gesagt worden" — wurde ihm in höchst gereiztem Ton
geantwortet — „aber ich kann nicht dulden, daß mir dergleichen in meiner
eigenen Wohnung gesagt werde." — Herr M., einen Augenblick erstaunt über
diese ihm bei dem bekannten fein diplomatischen Charakter des zu der Aka-
demie übrigens in keiner Beziehung stehenden Mannes doppelt unerklärliche
Leidenschaftlichkeit, verließ sofort die Gesellschaft.

— — Se. König!. Hoh. der Prinz von Preußen hat den Historien- und
Portraitmaler Otto Heyden, der das für Stettin bestimmte Bild des Prin-
zen ausgeführt hat, zu Höchstseinern Hofmaler ernannt.

-Zu dem im Jahre 1860 eintretenden Todestage Philipp Me-

lanchthon's beabsichtigt, wie bereits mitgetheilt wurde, ein in Wittenberg zu-
sammengetretenes Komits die Errichtung eines Denkmals, welches an der Seite
des Lutherdcnkmals aufgestellt werden soll. Der Berliner Magistrat hat ge-
glaubt, daß cs der Residenz würdig sei, zu diesem Denkmal ans Komriunalmit-
teln eine angemessene Summe beizusteuern und deshalb einen dahin gehenden
Antrag bei den Stadtverordneten eingebracht. Die Geldbewilligungsdeputation
empfal jedoch die Ablehnung des Antrages, weil zu den Kommunallonds auch
Nichtevangelische beisteuerten und diesen nicht zugemuthet werden könnte, auch
nur indirekt zu dem gedachten Denkmal beizutragen. Dagegen schlug die De-
putation vor, dem Magistrat anheim zu geben, eine Kollekte bei den evan-
gelischen Einwohnern Berlins zu veranstalten, und die Stadtverordneten sind
diesem Anträge beigetreten.

Potsdam. — Bor einigen Tagen besuchte A. von Humboldt das
Atelier des hiesigen Königlichen Hofmalers Wegen er, nahm mit hohem
Kunstinteresse die dort ausgestellten Arbeiten in Augenschein, und sprach seine
Anerkennung über zwei neuerlich erst vollendete große Landschaftsgemälde in
schmeichelhaftester Weise aus.

Elberfeld. — Der bisherige Dirigent unsrer Provinzial-Gewerb-schule,
Luthmer, ist zum ordentlichen Gewerbeschuldirektor ernannt worden.

Breslau. — Am 14. vor. M. starb hier der Bildhauer Mächtig,
59 Jahr alt, eine naive, edle Künstlernatur. lieber Schlesien hinaus wenig
bekannt geworden, mühte er sich doch treulich, wenn auch vergebens, ab, den
Sinn für plastische Kunst in unserer Provinz zu heben. Den Kunstgeschmack
seiner Vaterstadt hat er in einer Statuette versinnlicht, die in der einen Hand
eine Bierkanne, in der anderen einen Karbestriezel (Kümmelstollen) und eine
Knackwurst hält.

— — Am 10. Mai wurde die von dem hiesigen Kunstverein veranstal-
tete Gemälde-Ausstellung eröffnet. Sr. Königl. Hoh. der Prinz Friedrich
Wilhelm hatte der Feierlichkeit beizuwohnen zugesichert und erschien nach
 
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