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J. L. Sponsel:
H. VOGELER—WORPSWEDE. Ex lihris.
ihm besonders stimmungsvoll in der Radirung
gelungen, die er in technisch einfacher, an-
spruchsloser Weise handhabt, indem er seine
Zeichnung lediglich durch einen lichten
Aquatintaton in malerische Wirkung setzt.
Ein Hauptblatt seines radirten Werkes ist
das alte Ehepaar, das wir vom Rücken aus
auf einer Bank sitzen sehen, wie es »im Mai«
hinblickt nach der unter Bäumen versteckten
Hütte, die nun vom Schmucke des neu-
erwachten Frühlings umfangen wird. Es
liegt etwas überaus Anheimelndes in der
Wahl eines solchen Motivs, das uns mit
dem Künstler sympathisiren lässt und uns
veranlasst, in unseren Sinnen das Schicksal
der alten Leutchen weiter auszumalen, die
so innig vereint am Abend ihres Lebens
und ergraut in manchen arbeits- und schick-
salsreichen Stunden ihres Daseins nun müde
dasitzen, und die vor ihren Augen die Hütte
haben, in der sich all' ihr Freud und Leid
abgespielt hat. Das muthet uns Alles so
innig und einfach und echt deutsch an, dass
wir dabei an die besten Namen deutscher
Künstler erinnert werden, denen sich darin
unser junger Künstler anschliesst, an Ludwig
Richter und Hans Thoma.
In einem anderen radirten Blatte preist
der Künstler die junge »Liebe«. Diese ist
ihm so rein und heilig, dass er sie nicht
in dem Gewände des Alltags vorführen
will. Die einsame Moor- und Haidegegend
erhält in der Ferne eine hochragende Burg
und wir sehen vorne — wiederum vom
Rücken geschaut — auf reich geschmückter
Bank neben schlanken Birkenstämmen in
festlichen Gewändern das junge Paar an-
einandergelehnt, dem Schlag des Finken
lauschend und den Klängen der Harfe, die
von einer am Boden hinter ihnen sitzenden
Frauengestalt gespielt wird. Das Glück der
jungen Liebe, der die Welt so unendlich
reich erscheint, und die Innigkeit der gegen-
seitigen Hingabe kann kaum schöner und
überzeugender dargestellt werden. In ähn-
licher Weise wieder in dem keuschen Schmuck
des Frühlings, in der Nähe einer Ritterburg
der Eiffel, zeigt uns in einer Seidenstickerei
der Künstler ein junges Paar in reicher
mittelalterlicher Gewandung, wie es Auge
in Auge scheinbar die ganze Umgebung
vergessen hat und nur sich selbst lebt in
den reinen Empfindungen und dem be-
seligenden Gefühl der erwachenden Liebe.
H.jVOGELER—WORPSWEDE. Ex libris.
J. L. Sponsel:
H. VOGELER—WORPSWEDE. Ex lihris.
ihm besonders stimmungsvoll in der Radirung
gelungen, die er in technisch einfacher, an-
spruchsloser Weise handhabt, indem er seine
Zeichnung lediglich durch einen lichten
Aquatintaton in malerische Wirkung setzt.
Ein Hauptblatt seines radirten Werkes ist
das alte Ehepaar, das wir vom Rücken aus
auf einer Bank sitzen sehen, wie es »im Mai«
hinblickt nach der unter Bäumen versteckten
Hütte, die nun vom Schmucke des neu-
erwachten Frühlings umfangen wird. Es
liegt etwas überaus Anheimelndes in der
Wahl eines solchen Motivs, das uns mit
dem Künstler sympathisiren lässt und uns
veranlasst, in unseren Sinnen das Schicksal
der alten Leutchen weiter auszumalen, die
so innig vereint am Abend ihres Lebens
und ergraut in manchen arbeits- und schick-
salsreichen Stunden ihres Daseins nun müde
dasitzen, und die vor ihren Augen die Hütte
haben, in der sich all' ihr Freud und Leid
abgespielt hat. Das muthet uns Alles so
innig und einfach und echt deutsch an, dass
wir dabei an die besten Namen deutscher
Künstler erinnert werden, denen sich darin
unser junger Künstler anschliesst, an Ludwig
Richter und Hans Thoma.
In einem anderen radirten Blatte preist
der Künstler die junge »Liebe«. Diese ist
ihm so rein und heilig, dass er sie nicht
in dem Gewände des Alltags vorführen
will. Die einsame Moor- und Haidegegend
erhält in der Ferne eine hochragende Burg
und wir sehen vorne — wiederum vom
Rücken geschaut — auf reich geschmückter
Bank neben schlanken Birkenstämmen in
festlichen Gewändern das junge Paar an-
einandergelehnt, dem Schlag des Finken
lauschend und den Klängen der Harfe, die
von einer am Boden hinter ihnen sitzenden
Frauengestalt gespielt wird. Das Glück der
jungen Liebe, der die Welt so unendlich
reich erscheint, und die Innigkeit der gegen-
seitigen Hingabe kann kaum schöner und
überzeugender dargestellt werden. In ähn-
licher Weise wieder in dem keuschen Schmuck
des Frühlings, in der Nähe einer Ritterburg
der Eiffel, zeigt uns in einer Seidenstickerei
der Künstler ein junges Paar in reicher
mittelalterlicher Gewandung, wie es Auge
in Auge scheinbar die ganze Umgebung
vergessen hat und nur sich selbst lebt in
den reinen Empfindungen und dem be-
seligenden Gefühl der erwachenden Liebe.
H.jVOGELER—WORPSWEDE. Ex libris.