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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 4.1899

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Wilser, Ludwig: Germanischer Stil und deutsche Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6387#0042
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322

Ludwig Wils er:

H. VOGELER—WORPSWEDE.

des Deckels mit Schiffsschnäbeln geziert ist.
die vollständig mit denen der Venezianischen
Gondeln übereinstimmen. Dass der dänische
Kunstschmied seine Vorbilder in Venedig
geholt, ist nicht anzunehmen, wohl aber, dass
dieser Schmuck des Schiffsschnabels durch
einwandernde Germanen, Gothen oder Lango-
barden, nach Italien eingeführt worden.

Riegl hat gewiss Recht (Stilfragen,
Berlin 1893), wenn er sich über die Kunst-
gelehrten lustig macht, die jede Zierform aus
einer »Technik« herleiten und dem freien
Spiel künstlerischer Erfindungskraft gar nichts
übrig lassen. Ohne uns an »jener wilden Jagd
nach Techniken« zu betheiligen, dürfen wir aber

doch für manche Arten
germanischen Zierraths,
die besonders dazu auf-
fordern, die Frage nach
der Entstehung nicht
ganz unbeantwortet
lassen. Manche Me-
tallarbeiten, wie z. B-
ein bei Furfooz in
Belgien gefundenes
Riemende (Annales
de la Societe archeo-
logique de Namur XlV
187g, S. 399) mit un-
verkennbarem Kerb-
schnittmuster , sind
zweifellos nach Vor-
bildern aus der Holz-
schnitzerei gefertigt,
andere, besonders mit
Verschlingungen ver-
zierte, Schmuckstücke
oder Runensteine er-
wecken den Gedanken,
dass der Künstler
Riemen- oder Schnur-
geflechte als Vorlage
gebraucht habe. In der
Sitzung der Münchener
Akademie der Wissen-
schaf ten, philosophisch-
philologischer Klasse,
vom 4. November 1871
sprach Hofmann über
ein früher in der
Sakristei von Clermont, jetzt im British
Museum befindliches geschnitztes Kästchen,
offenbar dem erwähnten Braunschweiger
ähnlich, mit einer längeren angelsächsischen
Runeninschrift und dem sogenannten »Knoten-
ornament der mystischen Verschlingung«-
Er erwähnte dabei einige Ledersäckchen,
(Archaeologia, London 187 1 S. 131. — Petrin
Ecclesiasticae Architecture of Ireland, Dublin
1845 S. 332) in denen irische Reliquienschreine
aufbewahrt waren und die in »kunstreicher
Verflechtung von schmalen, flachen Leder-
riemen« gleiche Muster zeigten wie die in
Schnitzerei ausgeführten. Dass man hier an
die »Entstehung des Ornamentes ganz einfach

Gestickter Buch-Umschlag.
 
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