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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 4.1899

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Moderner Buch-Schmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.6387#0067
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Moderner Buch-Schmuck.

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des gesunden Menschen-
verstandes gegen den
üppigen Tand der Jugend.
Aber das sind Vorur-
teile. Die Bildungs-
mittel wollen auch wir
nicht vertheuern, im
(Tegentheil; ebenso wird
sich niemand dazu ver-
stehen können, solche
Bücher mit reichen Zier-
rathen zu beladen, die
studirt und durchforscht
Verden müssen, etwa ein
Lehrbuch der Physiologie.
Man kann aber auch
diese Art von Büchern
viel geschmackvoller aus-
gestalten, als das bisher
üblich war, ohne sie im
"lindesten zu vertheuern.
Es lässt sich durch ge-
schmackvolle Verwend-
ung auch des schlichtesten
Materiales, durch har-
nionische Farbenwirkung,
durch wohlüberlegte Ein-
teilung der Satz-Blocks,
durch kräftige schwarze
Linien und Versalien ohne
Weiteres ein durchaus äst-
hetischer Gesammt-Ein-
druck hervorrufen, wenn
man nur will, und wenn man die Fabrik-
Schablone der meisten Druckereien zu durch-
brechen den Muth hat. Wohlgemerkt: die
bizarren Geschmacklosigkeiten, welche ge-
meinhin in den Ankündigungen als »origi-
nelle Ausstattung« bei der gewöhnlichen
hterarischen Schleuderware als Köder dienen,
sind hierunter nicht verstanden, obzwar sie
ebenfalls die Schablone ignoriren.

Wir führen in diesem Hefte zum ersten
Male die Arbeiten eines noch jugendlichen
Künstlers vor, welcher zu denen gehört, die,
wie Hans Christiansen, Peter Behrens, Otto
■Eckmann und einige andere, ganz besonders
berufen erscheinen, die einfache Buch-Aus-
stattung in neue, künstlerische Bahnen zu
leiten. Diese fein ersonnenen und sorgfältig

PAUL BÜRCK-MÜNCHEN.

Umschlair-Titel oder Buch-Einband.

durchgeführten Entwürfe Paul Bürck's sind
nicht gedacht für grosse, theuere Kunst-
Drucke, Sammler-Objekte und Monumental-
Ausgaben, sondern sie geben Anregungen
mannigfacher Art für den »täglichen Haus-
gebrauch« des Verlegers, des Druckers, des
Redakteurs. Und diese Anregungen thun
unserer deutschen Typographie wahrhaftig
herzlich noth! Nicht nur im ästhetischen,
nein auch im technischen und praktischen
Interesse scheint uns die neue Richtung im
Buchgewerbe lebhaftester Beachtung dringend
empfehlenswerth. Für kein anderes Kunst-
gewerbe war die neu eingeschlagene Rich-
tung so wichtig, ja, von so eminenter Be-
deutung, als für das Buchgewerbe, das seit
mindestens 15 bis 20 Jahren stagnirte,
 
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