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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 4.1899

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Schölermann, Wilhelm: Wiener Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.6387#0097
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Wilhelm Schölcrmann: Wiener Brief.

373

werthung von Pflanzen-
und Linienmotiven, von
denen das neuzeitliche
Kunstgewerbe ausge-
gangen, liegt günstig für
die Spitzenkunst; es dürfte
sich indessen auch darum
handeln, die überaus lang-
same, zeitraubende Her-
stellungsart der alten
Spitze durch eine wesent-
lich einfachere, schnellere
und »zahlbarere« zu er-
setzen. Sonst würde kaum
etwas Neues auf diesem
Gebiete in grösserem Um-
fange für die Gegenwart
und Zukunft zu erzielen
sein. Man darf indessen
annehmen, dass gerade
die intuitive Stil - An-
passungsfähigkeit der
Spitze, wenn sie erst un-
sere verjüngte Natur-
anschauung in sich auf-
genommen hat, auch
für eine verjüngte Her-
stellungstechnik Sorge
tragen wird. Für das
Kunstgewerbe, namentlich
für eine weitgehende Be-
thätigung künstlerische
Frauenarbeit auf dem Ge-
biete der Kleidung, des
Boudoirschmucks und ver-
wandter Zweige in zeit-
gemässer Richtung, wäre die Wiederbelebung
der Spitzenkunst ein grosser Gewinn.

Die »Vereinigung bildender Künstler
Oesterreichs«, arbeitet rüstig weiter an der
systematischen Durchführung ihres Pro-
gramms. Sie brachte uns in sehr an-
sprechender Anordnung Max Klinger's
»Christus im Olymp« und Kollektionen von
Werken Constantin Meuniers, Felicien
Rops', Raffäeli's und Theo van Ryssel-
berghe's. Letzterer war wohl der interes-
santeste und meistumstrittene von den aus-
ländischen Gästen. Seine Technik ist keine
Marotte, sondern eine Progression, logische

PAUL BURCK—MÜNCHEN.

Entwurf für Wand-Teppich.

Konsequenz der grossen flämischen Kolo-
ristenschule. Der Maler Paul de Signac
— dessen Porträt Rysselberghe gemalt hat,
wie er in seinem Segelboot im Sonnenschein
sitzend, im blauen Seemannshemd das Steuer
führend, über die glitzernde Wasserfläche
blickt, mit jenem eigenthümlichen Blinzeln,
das für den gewohnheitsmässigen »Seefahrer«
karakteristisch ist — hat über den Ursprung
und die Berechtigung dieser Maltechnik der
prismatischen Farbenzerlegung sehr klare
und lesenswerthe Auseinandersetzungen ge-
schrieben. *)

*) Kunstzeitschrift >Pan«. IV. Jahrgang 1898.

99.VJ1I.5.
 
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