Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 4.1899

DOI Artikel:
Schumann, Paul: Wilhelm Steinhausen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6387#0115
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Wilhelm Steinhausen.

391

WILHELM STEIN HAUSEN.

Christus segnet die Fturen. Oelgemälde.

seiner Kunst gefunden, wie sich denn seine
Werke überhaupt in wenigen Händen kon-
zentrirten. In der grossen Oeffentlichkeit ist
Wilhelm Steinhausen leider noch zu wenig
bekannt. Seine stille zurückhaltende Persön-
lichkeit ist der lauten Reklame, die jeden
edleren Geist abstösst, abhold, und seine
Kunst entbehrt durchaus des Sensationellen,
ohne welches es heute nur selten gelingt,
die Aufmerksamkeit weiter Kreise dauernd
zu fesseln. Und doch hat gerade Wilhelm
Steinhausens Kunst die Eigenschaften an
sich, die zur Volksthümlichkeit führen könn-
ten. Durch Ludwig Richters Holzschnitte
wurde er zuerst angeregt, Maler zu werden,
und was uns Ludwig Richter so lieb und
theuer macht, das spricht auch aus Wilhelm
Steinhausens Kunst eine vernehmliche Sprache
zu uns. Ludwig Richter auch sprach dem
jungen dreiundzwanzigjährigen Künstler seine

hohe Freude und Anerkennung aus, als er
ihm 1869 die zehn Zeichnungen zur Geschichte
von der Geburt unseres Herrn vorlegte.
Echt deutsch sind diese Blätter, deutsch die
Landschaften, durch welche die heilige Fa-
milie nach Bethlehem wandert, die Hirten
zur Krippe eilen, die Verfolgten nachAegypten
fliehen, deutsch die bäuerlichen Züge und
Trachten derer, die an dem festlich frohen
Ereigniss Antheil nehmen, deutsch die reich
belebten malerischen Räumlichkeiten, in
denen die bedeutungsvollen Ereignisse vor
sich gehen. Sollte man es glauben, dass
diese intime Vergegenwärtigung der heiligen
Geschichte, die aus so gläubigem Herzen
und so freudiger Hingabe an die hohe Auf-
gabe der Kunst hervorgegangen war, nicht
allgemeine freudige Zustimmung fand, son-
dern dem Künstler auch noch Kränkungen
eintrug? Das war eine bittere Erfahrung
 
Annotationen