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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 4.1899

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Die Darmstädter Künstler-Kolonie
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https://doi.org/10.11588/diglit.6387#0137
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Die Darmstädter Künstler-Kolonie.

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»Die Stadt Darmstadt«,
so hiess es in jener Denk-
schrift, »hat das grösste
Interesse daran, dass das
Projekt nach den Inten-
tionen an Allerhöchster
Stelle verwirklicht wird,
denn was heute nicht ge-
schieht, kann morgen schon
unmöglich sein. Hier han-
delt es sich darum, einen
in der Entwickelung nur
einmal gegebenen Moment
auszunutzen, um Hessen
bedeutende Vortheile zu-
zuwenden«. Wir können
uns schwer vorstellen, dass
man in Darmstadt nicht
auch in weiteren Kreisen
Verständniss für diese Vor-
theile haben sollte. »Keine
Stadt dürfte zur Zeit so
grosse Chancen haben zur
vollsten Durchführung die-
ses Projektes, das von so
weittragender Bedeutung
ist und im Verhältniss nur so
geringe Mittel beansprucht
— wie Darmstadt.

»Von ganz besonderer
Wichtigkeit ist für Darm-
stadt aber die neu er-
weckte angewandte Kunst,
die so mächtig aufblüht,
und, wie das Beispiel von
England, Belgien, Holland,
Frankreich zeigt, schon in
naher Zukunft eine grosse
Rolle im Leben der
Nation spielen wird. Wer
hier rechtzeitig den mass-
gebenden Künstlern und
den jüngeren Talenten,
die sich ausbilden wollen,
das bietet, was sie suchen,
der wird eine Institution
von bleibendem Werthe und
grosser idealer und mate-
rieller Nützlichkeit gewin-
nen. Die Verhältnisse

haben sich im neuzeitlichen
Kunstgewerbe in ähnlicher
Weise zugespitzt, wie in
der Technik vor etwa
einem Menschenalter. Die
Städte, welche damals die
Entwickelung voraussahen
und technische Hochschulen
gründeten, besitzen heute
in diesen eine Goldgrube.
Genau so wird es im
Kunstgewerbe gehen. Das
Hessenland hat alle Ur-
sache voll Dankbarkeit
aufzublicken zu seinem
Regenten, der mit wach-
samem Auge und grossem
Scharfblicke erkannt hat,
dass nun die Zeit gekom-
men ist, dem Lande in der
Hauptstadt eine Stätte für
neuzeitliches Künstler-Ge-
werbe zu geben, die ihm
schon in naher Zukunft
Segen bringen wird.

»Mögen sich alle, die
im Hessenlande berufen
sind, hierbei mitzuwirken,
stets bewusst sein, dass
jetzt der Augenblick zum
Handeln gegeben ist! Nur
noch wenige Monate viel-
leicht, und in München,
Karlsruhe, Dresden oder
Berlin wird eine solche
Anstalt in dieser oder jener
Form in's Leben treten,
und dann ist es für Darm-
stadt zu spät! Wir glauben,
die Verantwortung für eine
solche Verzögerung nicht
übernehmen zu können und
schliessen uns mit aufrich-
tiger Begeisterung den von
unserem Allergnädigsten
Landesherrn ausgehenden
Ideen an. Diese aber
leiten uns zur Errichtung
von Ateliers für ange-
wandte Kunst unter der

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