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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 4.1899

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Rücklin, Rudolf: Pforzheimer Schmuck modernen Stiles
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https://doi.org/10.11588/diglit.6387#0193
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R. Rücklin: Pforzheimer Schmuck modernen Stiles.

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PROFESSOR H. GÖTZ—KARLSRUHE.

•»Leder-Einband«.

undefinirbarer, launischer Massen- und Mode-
geschmack mit erdrückender Schwere über
der gesammten Produktion lastet, jeden
selbstständigen, künstlerischen Versuch mit
dem Schreckensgespenst der Unverkäuflich-
keit bedrohend. Dazu kommt, dass der
direkte Verkehr zwischen Käufer und Her-
steller vorläufig gleich Null ist; der Bijouterie-
händler bestellt, was das Publikum kauft und
dieses bildet sich sein Urtheil an dem, was
der Händler führt — ein trauriger circulus
vitiosus, in dem auch das redlichste Kunst-
streben sich gar leicht zu Tode müht. Der
schlimmste Feind aber für die Kunst im
Schmuck ist das Uebergewicht, welches das
edle Material über die edle Arbeit gerade
in den Augen des besser situirten, des kauf-
kräftigsten Publikums ausübt. Besonders
sind es die Edelsteine, die in vielen Fällen
die ganze Edelschmiedearbeit unter ihrem
blitzenden Glanz verschwinden lassen, sie
zum wesen- und werthlosen Gerüste herab-

drücken, nur dazu g'ut, die kostbaren Kry-
stalle zusammenzuhalten. Man sagt nicht
zuviel, wenn man behauptet, dass die Erfin-
dung des Brillantschliffes, der besonders dem
Diamanten seine gesteigertste Wirkung ver-
leiht, für die Schmuckkunst als solche ein
wahres Unheil gewesen ist. Die übermässige
Anwendung des facettirten Diamanten, an
dem die Bijouterie seit zwei Jahrhunderten
krankt, hat den Schmuck um Farbe und
Modellirung gebracht und nichts übrig
gelassen, als Drähte und Steine. Das ist
um so bedauerlicher, als der Diamant vom
künstlerischen Standpunkte aus nur als ein
sehr sprödes und undankbares Material zu
bezeichnen ist, dessen Verwendung stets eine
sehr diskrete sein sollte. Es ist gewiss
bezeichnend, dass die Arbeiten aller Künstler,
die bisher mit Erfolg für Schmuck thätig
waren, eines Hirzel, Möhring, Lalique, Dampt,
Ashbee usw. den Diamanten ganz oder
fast ganz meiden. — War es so bis heute
 
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