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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 4.1899

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Lattmann, Friedrich Adolf: Zur Reform im Buch-Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.6387#0255
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526

Kleine Mittheilung.

deshalb begrüsst, dass Künstler, Maler und
Zeichner, es seit einigen Jahren nicht mehr
verschmähen, uns zu unterstützen und uns
künstlerische Formen in Buchstaben und
Ziermaterial zu schaffen, mit denen zu arbeiten
eine Lust ist.

So ist denn ein Aufschwung auf dem
Gebiete der Typographie nicht zu leugnen.
Wenn dies hin und wieder wohl einmal
von den gebildeten Kunstfreunden und mass-
gebenden Kunstzeitschriften anerkannt wird,
so müssen wir Buchdrucker doch auch recht
viele Vorwürfe darüber einstecken, dass das
künstlerische Verständniss der Typographen
lange genug geruht habe und vermisst
worden sei, ja vielfach auch heute noch
vermisst werde. Ohne Weiteres muss zuge-
geben werden, dass Jahrzehnte lang eine
Stagnation im Druckgewerbe geherrscht hat,
die tief zu bedauern ist. Doch mit dem
allgemeinen Aufschwünge von Handel und
Industrie, der die Triebkraft der Neubewegung
auch in der Kunst ist, zog ein Frühlings-
sehnen in die Druckerkreise hinein und
ehrlich "wird jetzt auch hier nach Fortschritt
in jeder Beziehung gestrebt und gestritten,
da man die Bedeutung des Buchdrucks als
Träger der Kultur erkannt hat.

Unsern idealen Zielen stellt sich jedoch
mehr als anderswo sehr oft ein unüberwind-
bares Hinderniss entgegen: der Preis und
seine bestimmte Grenze. Noch sind wir weit
davon entfernt, dass Jeder, der Bedarf an
alltäglichen Drucksachen hat, die künstlerisch
schöne Ausstattung über Alles stellt und —
nicht nach dem Preise frägt. Ja, durch das
beliebte Verfahren der Behörden, Gesell-
schaften und vieler grosser Geschäfte, bei
umfangreichen Drucksachen - Vergebungen
Submissionen auszuschreiben, hat in der
. bedauernswerthesten Weise Nachahmung
auch in jenen Kreisen gefunden, die gele-
gentlich einmal i ooo Rechnungen oder Brief-
bogen benöthigen.

Gerade diese Preisdrückerei bei solch
kleinen Objekten erscheint mir höchst
beachtenswerth bei Aburtheilung der Buch-
druckleistungen im Allgemeinen. Je niedriger
die üblichen Preise sind, je schlechter muss
nothgedrungen die Ausführung sein, bei

welcher von Sorgfalt kaum die Rede mehr
sein kann. Und durch die Ausserachtlassung
der .Sorgfalt wird das ganze Personal ver-
dorben. Auch der Setzer, der sich Mühe
gab, bei seinen Arbeiten nachzudenken und
Geistesarbeit statt mechanischerVerrichtungen
zu liefern, wird mit der Zeit gleichgiltig
werden müssen.

Gemeiniglich geht die Auffassung nament-
lich in Künstlerkreisen dahin, dass das Pub-
likum in erster Linie durch künstlerische
Ausschmückung von Büchern zu grösserem
Kunstverständniss zu erziehen sei. Diesem
erlaube ich mir aber zu widersprechen. Ein
Buch wird in den allermeisten Fällen nur
gelegentlich, wenn es die Zeit erlaubt, zur
Hand genommen, aber am grössten Theile
des Tages sind es ganz andere Drucksachen,
die fast stündlich angesehen werden müssen,
weil es der geschäftliche Verkehr auch in
den Privathäusern eben mit sich bringt.
Und deshalb will es uns als eine ganz be-
sonders lohnende Aufgabe erscheinen, dass
alle die, die auf die Typographie Einfluss
zu üben vermögen, ihr Augenmerk insonder-
heit auch auf die Ausstattung der alltäglich
vorkommenden und regelrechten Drucksachen
legen und das Publikum erziehen helfen,
auch in diesen kleinen Sachen nur wirklich
Schönes zu verlangen. Selbst die unschein-
bare Visitkarte kann abscheulich hässlich
und im Gegentheil dazu schön und zweck-
entsprechend gedruckt sein. Man nehme
sich nur einmal die Zeit und betrachte z. B.
die Briefbogen oder Rechnungen seiner
Lieferanten und man wird erstaunen ob der
zusammengewürfelten Schriften der verschie-
densten Karaktere, der unschönen Zeilen-
eintheilung u. dergl. mehr. Und doch: ist
das Publikum erst einmal dahin gekommen,
allen, auch den unscheinbarsten Druck-
erzeugnissen Beachtung betreffs ihrer Aus-
stattung zu schenken, wie es dies bezüglich
der Erzeugnisse anderer Gewerbe bereits
lebhaft thut, dann wird es folgerichtig noch
mehr Werth auf die Ausstattung grösserer
Drucksachen wie Bücher etc. legen und
(: solche gebieterisch verlangen,
jy Deshalb sind die Vorträge des Direk-
tors Jessen vom Kunstgewerbe - Museum zu
 
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