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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 7.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.6699#0016

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derselben zu gelten. So mag es denn erlaubt erscheinen, aus dem
Wachsen und der Verbreitung unserer »Deutschen Kunst und
Dekoration« zurückzuschliessen auf die achtunggebietende Stellung
der Kunst selbst im Leben des Volkes. Danach dürfen wir einen
höchst erfreulichen Aufschwung feststellen. Ganz abgesehen von
den geistigen und sozialen »Oberen Zehntausend« haben nunmehr
auch die breiteren Schichten der gebildeten Volkskreise sich mit
lebhaftestem Interesse den modernen Bestrebungen zugewandt und
wir wollen mit Genugthuung darauf hinweisen, dass die ausser-
ordentliche Erweiterung unseres Leserkreises sich namentlich auch
im Mittelstande vollzieht. Wie sehr befanden sich doch die im
Irrthum, welche bei Gründung unserer »Deutschen Kunst und
Dekoration« bei aller Sympathie für unsere Bestrebungen glaubten
warnen zu sollen vor einem übereilten Eingehen auf »flüchtige
Moden«! Nein, es ist anders gekommen! Der »neue Stil« bricht
sich von Tag zu Tag weitere Bahn und treibt seine Wurzeln in
alle Tiefen unseres Lebens, und wir werden, getreu unserem von
Anfang an festgehaltenen Programme, hinzuthun, was wir Dank
der sich fortgesetzt steigernden Verbreitung unserer Zeitschrift
thun können.

Zu unseren Pflichten rechnen wir aber auch die der Wach-
samkeit gegenüber solchen Erscheinungen, die geeignet sind,
Misstrauen gegen die neue Kunst zu säen. Man hört jetzt so
viel von »Jugend-StiU, »sezessionistischer Züchtung« und ganze
Gebiete des Gewerbes erscheinen geradezu überschwemmt von
den Wellen dieser Unterströmungen, die im Grunde nichts sind
als eine leichtfertige Ausbeutung dessen, was unsere besten Künstler
und Gewerbetreibenden errungen haben. Dagegen wollen wir
energischst Verwahrung einlegen! — Wir zweifeln nicht, dass viele
Gewerbetreibende vom besten Willen geleitet wurden, als sie auf
die Pflege des sogenannten »Jugend-« oder »Sezessions-Stils« ein-
gingen. Allein wozu wären denn kunstliterarische Organe vor-
handen, wenn nicht zu dem Zwecke, als Wegweiser zu dienen
zum wirklich Künstlerischen? — Das ist ja gerade ein gewerblicher
Vortheil, den die neue Kunst bietet, dass sie durch die künstlerische
Wirkung einem einzigen Gegenstande den Erfolg sichert und eine
Zersplitterung der Herstellungs-Verfahren auf vielerlei Muster ver-
hütet. Immer wieder muss man da auf die Amerikaner, Engländer,
Belgier hinweisen, die mit einem thatsächlich erschöpfend kon-
struirten und durchaus künstlerischen Muster Welt-Erfolge erzielen.

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