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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 7.1900

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Klein, Rudolf: Betrachtungen über Kunst und Dekoration
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https://doi.org/10.11588/diglit.6699#0157

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Betrachtungen über Kunst und Dekoration.

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FRIEDRICH ADLER—LAUPHEIM (WÜRTTEMBERG). Entwurf zu einer Servir-Platte aus Zinn.

Betrachtungen über Kunst unp Pekoratiqn.

urückerziehen zur Natur
war die Losung der gan-
zen Kunst des 19. Jahr-
hunderts, die aus natura-
listischem Stückwerk nun,
da diese Losung durch ein
Zurückerziehen zu natio-

naler Volkskunst fester gefügt ist, sich zur
Grösse zu wandeln beginnt. Ein Zurück-
erziehen zur Natur ist nun auch endlich
zur Losung der angewandten Künste ge-
worden; das: jeder neuen Zeit eine neue
Kunst! hatte längst den bildenden Künsten,
will sagen der sogenannten »hohen« Kunst
gegolten, wie spät aber erst der dekorativen.
Wenn doch den Menschen in Sachen der
Kunst die gleiche Abneigung gegen die
Lüge eignen wollte wie im Verkehr mit den
Menschen. Architektur und dekorative Künste
stehen jedoch mit ganz geringer Ausnahme
noch da, wo die Malerei in Deutschland mit
Piloty stand: ein rauschendes leeres Phrasen-
getümmel bemüht sich lärmend den dürf-
tigsten Kern zu verdecken. Den wenigsten

Menschen noch ist es zu Begriff gekommen,
welche Lüge unsere Haus- und Zimmer-
Einrichtungen ausmachen. Theaterhistorie in
der Malerei empfinden nun schon die Meisten
als lächerlich, dass unsere häusliche Um-
gebung auf dem gleichen Standpunkt steht
die Wenigsten. Und wie sträubt man sich
noch gegen eine vernunftgemässe Neuerung.
Die neue Architektur und Dekoration be-
ginnt nun auch eine von den alten sehr ver-
schiedene zu werden; aber ist sie vielleicht
verschiedener von der alten wie unser Leben
von dem der alten verschieden ist? Man
stelle der Rüstung und dem späteren Reif-
rock einmal das moderne Sport - Kostüm
zum Vergleiche gegenüber!

Im Vordergrund der Kunst des 19. Jahr-
hunderts stand das Natur - Studium, ja es
machte sie beinahe ganz aus, zu keiner Zeit
ist daher die Landschafts - Malerei so aus-
giebig gepflegt worden, vielleicht weil das
zunehmende Grossstadt-Leben die Menschen
in erhöhtem Maasse zur Natur zurückrief,
das Natur - Empfinden steigernd, und zwar
 
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