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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 7.1900

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Schliepmann, Hans: Von der Dresdener Bau-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6699#0126

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Hans Schliepmann: Von der Dresdener Bau-Ausstellung.

as war kühn: im Jahre des
grossen Pariser Welt-Jahr-
marktes für Dresden eine
Bau-Ausstellung zu planen!
Aber das schöne Elbflorenz
mit der unvergleichlichen
koketten Vergangenheit
und dem lebendigen Streben, neben Mün-
chen und womöglich noch vor Berlin an
die Spitze der gegenwärtigen Kunst-Be-
strebungen zu treten, brauchte im Ver-
trauen auf seine sehr bemerkenswerthen
Ausstellungen der letzten Jahre nicht ledig-
lich auf den schwachen Trost zu bauen:
In magnis et voluisse sätest. Unserem
Industrialismus wäre der gute Wille allein
höchst belanglos; er unternimmt nur Erfolg
Versprechendes, und dem Idealsten selbst
muss durch Lotterien, Vergnügungs-Ecken,
billige Sonntage, Reklame - belastete Kata-
loge usw. das »Eselein, streck' dich!« ener-
gisch klar gemacht werden.

Mit diesen Hülfsmitteln in Reserve dürfte
die Dresdener Künstlerschaft allerdings dar-
auf hoffen, einen Erfolg zu erringen, denn
dass man an ihren Leistungen nicht mehr
kühl vorbeigehen darf, hat sie bewiesen.

Wie der klingende Erfolg der Unter-
nehmung sein wird, vermag ich nicht zu be-
urtheilen; den ideellen kann man nicht in
Frage stellen, ganz abgesehen davon, dass
es allerdings bereits als ein besonderes Ver-
dienst gelten darf, eine Bau-Ausstellung von
solcher Ausdehnung ins Leben zu rufen.
Denn wenn die bildende Kunst über-

haupt noch eine Rolle spielen soll, so kann
sie zur Volksthümlichkeit immer wieder nur
durch die Baukunst — diese im weitesten
Sinne des Wortes aufgefasst — gelangen.

Nicht nur »Politik beginnt zu Hause«,
wie der Engländer sagt, sondern auch jeg-
liches Kunstverständniss. Erst wer Schönheit
von Thorheit an den Dingen seiner täglichen
Umgebung zu unterscheiden gelernt hat,
vermag sich zum Nachfühlen aller jener
feineren Probleme aufzuschwingen, die jedes
höhere Kunstwerk in sich schliesst. Die
Baukunst also aus dem Kreise der Fachleute
wieder ins Volk zu tragen, ihre Wirkungs-
macht, ihre Ausdrucksmittel dem Laien klar
und umfassend vor Augen zu legen, ist
geradezu die unerlässlichste Vorstufe jedes
vernünftigen Wirkens für die Kunst.

Dieser Aufgabe stellen sich freilich so-
gleich ungemeine Schwierigkeiten entgegen.

Die Architektur meistert den Raum, sie
wirkt durch seine Abmessung, Theilung,
Färbung, Beleuchtung usw. Jedes Modell,
jede Zeichnung, Photographie gibt daher von
dem Bauwerk kaum so viel wieder, wie eine
Photographie von einem Gemälde; der un-
mittelbarste Eindruck, der absolute Massstab,
geht verloren; das Hermanns-Denkmal als
Tafel-Aufsatz ist bestenfalls ein Hülfsmittel
für die Phantasie oder die Erinnerung; nur
die Wirklichkeit gibt dem Laien den vollen
Eindruck. So müsste denn also der Aus-
stellungsra^T» einer Bau-Ausstellung in erster
Linie schon Objekt derselben sein. Daneben
müsste der Zusammenhang zwischen der
 
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