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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 7.1900

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Mayr, Karl: Fritz Erler: Muenchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6699#0301

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Alle, die etwas neues bawen wollen, wollen gewöhnlich aucli geien ein newe fatzon dazu haben,
die vor nie gesehen war. Darnmb wil ich etwas anders machen, daraus nem ein jedlicher, was
im gfall, und mach nach seinem willen. Albrecbt Dürer in der »Underweysung« 1525. 3. Buch.

ine wahrhafte Sehnsucht er-
greift uns Kinder einer
spröderen und reflektirte-
ren Zeit, wenn sich uns
in Sätzen, wie dem oben
angeführten, die Lebens-
lust verräth, in welcher
die künstlerischen Indivi-
dualitäten der Renaissance
erblühen und ihre Fähig-
keiten entfalten konnten.
Wie weit haben wir noch dahin, dass jeder
Besteller von dem Wunsche durchdrungen
ist, ein Neues und Eigenes zu besitzen; wie
schwer entschliesst sich selbst der wohl-
meinende Gebildete, die von einer falschen
Schul-Aesthetik überkommenen, späterhin oft
nur mehr durch eine künstlerisch verrottete
Zeitschrift gestützten Vorstellungen vom
Schönen, insbesondere vom häuslich Schönen,
entschlossen hinter sich zu werfen; wie viel
Stossens und Schiebens, welch ununterbroche-
nen Liebeswerbens und Lockens von Seite der
Künstler bedarf es da; an den Künstlern, die
ihre Haut zu Markte tragen, fehlt es nicht;
denn mit verschwenderischer Hand, wie
kaum je zuvor, schleudern sie fast jeden
Tag eine Fülle neuer Ideen ins Volk. Aber
es ist, als ob eine fröhliche Schaar auf reich-
geschmücktem Wagen durch die Menge
führe und Blumen und Früchte unter sie
würfe. Die stumpfen Gaffer beachten es

nicht, kaum dass sich da und dort jemand
nach einer gerade minder gediehenen Blüthe
bückt. Fassen wir ihn dann ins Auge, so
ist's gewiss ein Fabrikant, der just mit dem
Mindern das Bezeichnende erwischt zu haben
glaubt und nun preisend mit viel schönen
Reden den Geschmack der Umstehenden
erst recht verdirbt.

Einstweilen müssen wir uns an die Aus-
nahmen halten, die zum Glück doch auch
vorkommen; sie empfinden es in richtiger
Schätzung des Verhältnisses zwischen dem
gebenden Produzirenden und dem neh-
menden Nicht - Produzirenden bitter, dass
sich der Künstler sein Erdenbrot fast er-
betteln soll und bewahren vor ihm, dem ein
Gott zu sagen gab, was er liebt und leidet,
den Respekt, der dem Laien vor dem
Schaffen eines bedeutenden Künstlers ge-
ziemt. So fand Fritz Erler z. B. hochgesinnte
Auftraggeber. Dem, was für sie geschaffen,
entstammt die Mehrzahl der Abbildungen
dieses Heftes. Ihnen ist noch eine Anzahl von
Porträts, Bildern, Buchstücken, Plakaten usw.
beigefügt, um ein Bild von dem neueren
Schaffen ihrer Persönlichkeit zu geben,
welche durch Bestimmtheit des Willens,
Eigenthümlichkeit einer vielseitigen schöpfe-
rischen Kraft und Stärke des Temperaments
zu den markantesten der Gegenwart gezählt
wird. Fritz Erler ist auch den Lesern dieser
Hefte kein Fremder. Seine ersten Würfe
 
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