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Moderne Kunst-Stickerei-Arbeiten
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.6699#0083
EIN MAHNWORT
AN DIE KUNSTÜBENDEN FRAUEN.
eine Kunst-Thätigkeit wird von unseren Frauen
so viel ausgeübt und doch so wenig ihrem
ästhetischen Wesen nach verstanden, als wie
die Stickerei. Es ist in der That zum Er-
barmen, wenn man bei sorgsamer Beob-
achtung auf diesem Gebiete zusehen muss,
wie eine Unsumme von Liebe und Fleiss
verschwendet wird an die Herstellung unsäglich banaler und
geschmackloser Kissen und Deckchen, wenn man konstatiren
muss, dass dieser reizende häusliche Frauen-Beruf fast durch-
weg Bahnen wandelt, die ihn nicht nur dem Wesen der wahren
Kunst entfremden, sondern auf denen er geradezu dem Un-
geschmacke in die Arme geführt wird. Umgekehrt sollte es
sein: durch eine richtige Pflege der Stickerei sollten unsere
Frauen und namentlich auch unsere weibliche Jugend heran-
gebildet werden zu einem wirklich ästhetischen Empfinden, zu
wahrhaft künstlerischem und individuellem Denken in allen
Dingen der Wohnungs-Ausstattung, der Toilette, des Schmuckes
und schliesslich auch der hohen Kunst. Nichts könnte in diesem
Sinne erzieherischer wirken, als gerade die Ausübung der
Stickerei, wenn sie nach guten, aus dem besten Schaffen
unserer zeitgenössischen Künstler herausgewachsenen Vor-
lagen geschähe. Unsere Künstler haben das auch
längst eingesehen und sich aufrichtig bemüht, die
gebildete, kunstsinnige Frauen-Welt heranzuziehen,—
leider bisher mit geradezu kläglichem Erfolge. Die
1901. II. 1.
AN DIE KUNSTÜBENDEN FRAUEN.
eine Kunst-Thätigkeit wird von unseren Frauen
so viel ausgeübt und doch so wenig ihrem
ästhetischen Wesen nach verstanden, als wie
die Stickerei. Es ist in der That zum Er-
barmen, wenn man bei sorgsamer Beob-
achtung auf diesem Gebiete zusehen muss,
wie eine Unsumme von Liebe und Fleiss
verschwendet wird an die Herstellung unsäglich banaler und
geschmackloser Kissen und Deckchen, wenn man konstatiren
muss, dass dieser reizende häusliche Frauen-Beruf fast durch-
weg Bahnen wandelt, die ihn nicht nur dem Wesen der wahren
Kunst entfremden, sondern auf denen er geradezu dem Un-
geschmacke in die Arme geführt wird. Umgekehrt sollte es
sein: durch eine richtige Pflege der Stickerei sollten unsere
Frauen und namentlich auch unsere weibliche Jugend heran-
gebildet werden zu einem wirklich ästhetischen Empfinden, zu
wahrhaft künstlerischem und individuellem Denken in allen
Dingen der Wohnungs-Ausstattung, der Toilette, des Schmuckes
und schliesslich auch der hohen Kunst. Nichts könnte in diesem
Sinne erzieherischer wirken, als gerade die Ausübung der
Stickerei, wenn sie nach guten, aus dem besten Schaffen
unserer zeitgenössischen Künstler herausgewachsenen Vor-
lagen geschähe. Unsere Künstler haben das auch
längst eingesehen und sich aufrichtig bemüht, die
gebildete, kunstsinnige Frauen-Welt heranzuziehen,—
leider bisher mit geradezu kläglichem Erfolge. Die
1901. II. 1.