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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 7.1900

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Schliepmann, Hans: Von der Dresdener Bau-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6699#0134

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I 12

Hans Schliepmann: Von der Dresdener Bau-Ausstellung.

wirken zu können! — Auch die Zusammen-
häufung der allerphantastischsten Bauten,
unter denen einzelne keineswegs ohne Ver-
dienst sind, vor den Thoren jener Nieder-
lassung im Vergnügungs-Eck verdient ernst-
liche Missbilligung. (Einen ausführlichen
Bericht über die Dresdener Ausstellung mit
zahlreichen brillanten Illustrationen bringt
das Oktober-Heft der »Innen-Dekoration«,
welches einzeln ä Mk. 2 erhältlich ist.)

Erst wer über einer Sache steht, darf
gelegentlich einmal Scherz mit ihr treiben.
Der Laie aber durfte hier sicher nicht ab-
sichtlich hülflos aus einer Stimmung in die
andere geworfen werden; dazu bietet auch
die übrige Inscenirung der Ausstellung nicht
genug so Ueberwältigendes, dass nach drei
Tragödien nur ein Satyrspiel das seelische
Gleichgewicht hätte herstellen können.

Die Holz-Anbauten an das bekannte
Ausstellungsgebäude gehen kaum über den
blossen Nützlichkeits-Bretterbau hinaus. Nur
der Hauptsaal und der linke Flügeltrakt des
ständigen Gebäudes, dazu die Abtheilungen
des Dresdener Architekten-Vereins, der
Donnerstags -Vereinigung und der Münchener,
endlich — und nicht am Wirkungslosesten, weil
ein glänzender Farben-Akkord, violett mit
mennigroth und grau, dominirte — der Pavillon
der ersten Verlags-Anstalten der Architektur-
Literatur haben mehr oder weniger architek-
tonische Ausgestaltung erfahren.

Wirkliche »Leistungen« zeigen nur die

beiden erstgenannten Räume. Die Theilung
des Mittelsaales hinter der Eintritts-Kuppel
in einzelne Kojen, die aus Nützlichkeits-
rücksichten nothwendig war, ist in geschick-
tester Weise zu einer höchst reizvollen Per-
spektive ausgenutzt; die Ueberleitung in die
kleinen Abmessungen ist sehr glücklich gelöst.

Noch monumentaler und wirksamer frei-
lich ist die Theilung des linken Flügelbaues
durch einen bedeckten, seitlich offenen Pfeiler-
gang nebst mittlerem Kuppelraum, eine
Schöpfung Paul Wallots, wie schon die
wundervollen Ornamente an den Pfeilerseiten
— ein Anklang an die berühmten Pfeiler
der Wartehallen an der Ostseite des Reichs-
tagsgebäudes — erkennen lassen. Das Prinzip
der Diorama-Beleuchtung, bei der alles Licht
auf die Ausstellungs-Gegenstände ausge-
gossen ist, während der Hauptgang in stim-
mungsvollem Halbdunkel verbleibt, hat hier
eine monumentale Ausbildung erfahren, die
sicherlich für viele kommende Ausstellungen
vorbildlich werden wird.

Ich möchte bei diesem wuchtigen und
reinsten Eindruck schliessen. Weder der
Anlass noch die Ziele dieser Blätter lassen
es angezeigt erscheinen, hier eine ausführ-
lichere Karakterisirung der modernen Archi-
tektur zu versuchen; das Kunstgewerbliche
und Technische aber ist in der Ausstellung
so spärlich vertreten, dass man kein Unrecht
begeht, wenn man die wenigen Firmen bei
besserer Gelegenheit berücksichtigt.

Hans Schliefmann.

max neumark—bremen. -£( Lobende Erwähnung.
 
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