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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 7.1900

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Osborn, Max: Das Testament der Pariser Welt-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6699#0198

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Reichs-Kommittaricit und ßohe Kunff.

sich ein wenig deutlicher auseinanderzusetzen. Das
»Reichs - Kommissariat« , das sonst so viel Umsicht und
Takt bewiesen, hat hier einen schweren Fehler begangen.
Lange vor dem Beginn der Ausstellung ist darauf hin-
gewiesen worden. Man blieb nicht einmal bei der Kritik
und der Warnung stehen, sondern machte sehr brauch-
bare Gegen-Vorschläge, natürlich ohne dass die maass-
gebenden Herren auf die Stimme der Nörgler gehört
hätten. Doch es kam schlimmer, als selbst die Miss-
trauischsten ahnten. Der Modus, den man bei der Auf-
forderung der einzelnen Künstler einschlug, war schon
an sich der verkehrteste, den man wählen konnte: den
geladenen Persönlichkeiten wurde nämlich nicht die Be-
stimmung des Werkes überlassen, das sie karakteristisch
und würdig vertreten sollte, sondern man dekretirte von
oben herab, welches Bild oder welche Skulptur zu
senden sei. Aber als das solchermaassen gesammelte
Material in Paris war — es würde zu weit führen, alle
Unglaublichkeiten, die hierbei begangen wurden, auf-
zuzählen —, da begann erst das Aergste. Man kann
Franz von Lenbach, der nun in der Leitung bedeutsam
hervortrat, einen ernsten Vorwurf nicht ersparen. Ich
verehre Lenbach als Künstler aus tiefster Seele, ich liebe
ihn, obwohl ich seine Mängel kenne, und ich habe ihn
gefeiert, wo ich konnte. Aber das kann mich nicht ab-
halten, meinem Befremden über sein Vorgehen in Paris
offenen Ausdruck zu geben. Wo in aller Welt war es
bestimmt worden, dass eine Lenbach-Separat-Ausstellung
den beherrschenden Mittelpunkt der deutschen Bildersäle
bilden sollte? Lenbach kommt nach Paris als Hänge-
Kommissar der Münchener Genossenschaft. Während
alle anderen Künstler sich auf ein oder höchstens zwei
Werke beschränken mussten, packt er unbekümmert eine
 
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