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Georg Fuchs—Darmstadt:
erich kleinhempel. Bücher-Regal.
Ausgef. v. d. Dresdener Werkstätten f. Handwerks-Kunst.
— Man wird also nicht ohne Weiteres ge-
rade eine Schaubühne neuer Art »gründen«,
sondern diese ergibt sich von selbst aus dem
Verlangen, die gemeinsame Feier zu krönen
durch die erhabene Vereinigung und Steige-
rung alles Schöpferischen in den Künsten.
Nicht auf dem »Theater« bauen wir auf,
sondern vielleicht eher auf jenen weihevollen
Zusammenkünften edler Männer und Frauen
der um Goethe, die Schlegel, Tieck, Novalis,
die Rahel u. A. geschlossenen Kreise am
Ende des vorigen und am Anfange dieses
Jahrhunderts. Noch waren es ihrer wenige,
und die Verkehrs-Mittel waren zu schlecht,
als dass diese zerstreuten Gemeinden, diese
Diaspora deutscher geistiger Kultur, sich
an einer Stätte hätte sammeln können. Da
kam Richard Wagner, der Sohn und Erbe
der Romantik. Er zog die richtigen
Folgerungen aus den inzwischen unendlich
gesteigerten Verkehrs - Verhältnissen und
schlug eine Vereinigung all der kleinen
Kreise bevorzugter Menschen in einem Hause
an gewissen wiederkehrenden Festtagen vor.
Der grosse Tonsetzer war sicherlich be-
rechtigt, seine reifsten Werke in die Mitte
dieses Kultes zu stellen. Allein es war
verhängnissvoll, dass auch er, wie seiner Zeit
Goethe, das bestehende »Theater«, übernahm,
wenn auch mit erheblichen Verbesserungen.
So waren denn wieder die heillosen Kulissen,
Prospekte und Versatzstücke da und die
dekorativen Künstler von damals beeilten
sich, ihre historischen und archaeologischen
Kenntnisse auszukramen und fax schaffenden
Kunst das Feld vorweg zu nehmen. Die
»historischen« Kostüme und Dekorationen,
in gleicher Weise das Virtuosenthum des
»Theaters« haben kaum bei den Meiningern
grössere Triumphe gefeiert, als in Bayreuth.
Hinzu kam der fanatische Doktrinarismus
der Epigonen, welcher dieses archaistische
Wesen für absolute Vollkommenheit erklärte
und so jede Möglichkeit der Weiter-Ent-
wickelung ein für alle Mal unterbunden hat.
Wohl könnte uns die Musik des Meisters
auf die Höhe des Lebens tragen, allein
indem wir ihr folgen wollen, treffen wir
schon in den Textworten auf Widerstände,
und die Scene
ist ganz von
alterthüm-
lichen oder gar
geschmacks-
widrigen
Hemmungen
erfüllt, die wir
erst durch
eigene Ar-
beits-Leistung
überwinden
müssen, ent-
weder indem
wir uns vor
ihnen ver-
schliessen,
oder indem
wir sie uns
tung gelehrten pkof. karl gross. Blumen-Tisch.
Georg Fuchs—Darmstadt:
erich kleinhempel. Bücher-Regal.
Ausgef. v. d. Dresdener Werkstätten f. Handwerks-Kunst.
— Man wird also nicht ohne Weiteres ge-
rade eine Schaubühne neuer Art »gründen«,
sondern diese ergibt sich von selbst aus dem
Verlangen, die gemeinsame Feier zu krönen
durch die erhabene Vereinigung und Steige-
rung alles Schöpferischen in den Künsten.
Nicht auf dem »Theater« bauen wir auf,
sondern vielleicht eher auf jenen weihevollen
Zusammenkünften edler Männer und Frauen
der um Goethe, die Schlegel, Tieck, Novalis,
die Rahel u. A. geschlossenen Kreise am
Ende des vorigen und am Anfange dieses
Jahrhunderts. Noch waren es ihrer wenige,
und die Verkehrs-Mittel waren zu schlecht,
als dass diese zerstreuten Gemeinden, diese
Diaspora deutscher geistiger Kultur, sich
an einer Stätte hätte sammeln können. Da
kam Richard Wagner, der Sohn und Erbe
der Romantik. Er zog die richtigen
Folgerungen aus den inzwischen unendlich
gesteigerten Verkehrs - Verhältnissen und
schlug eine Vereinigung all der kleinen
Kreise bevorzugter Menschen in einem Hause
an gewissen wiederkehrenden Festtagen vor.
Der grosse Tonsetzer war sicherlich be-
rechtigt, seine reifsten Werke in die Mitte
dieses Kultes zu stellen. Allein es war
verhängnissvoll, dass auch er, wie seiner Zeit
Goethe, das bestehende »Theater«, übernahm,
wenn auch mit erheblichen Verbesserungen.
So waren denn wieder die heillosen Kulissen,
Prospekte und Versatzstücke da und die
dekorativen Künstler von damals beeilten
sich, ihre historischen und archaeologischen
Kenntnisse auszukramen und fax schaffenden
Kunst das Feld vorweg zu nehmen. Die
»historischen« Kostüme und Dekorationen,
in gleicher Weise das Virtuosenthum des
»Theaters« haben kaum bei den Meiningern
grössere Triumphe gefeiert, als in Bayreuth.
Hinzu kam der fanatische Doktrinarismus
der Epigonen, welcher dieses archaistische
Wesen für absolute Vollkommenheit erklärte
und so jede Möglichkeit der Weiter-Ent-
wickelung ein für alle Mal unterbunden hat.
Wohl könnte uns die Musik des Meisters
auf die Höhe des Lebens tragen, allein
indem wir ihr folgen wollen, treffen wir
schon in den Textworten auf Widerstände,
und die Scene
ist ganz von
alterthüm-
lichen oder gar
geschmacks-
widrigen
Hemmungen
erfüllt, die wir
erst durch
eigene Ar-
beits-Leistung
überwinden
müssen, ent-
weder indem
wir uns vor
ihnen ver-
schliessen,
oder indem
wir sie uns
tung gelehrten pkof. karl gross. Blumen-Tisch.