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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 7.1900

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Widmer, Karl: Neuere Bauten von Curjel & Moser, Architekten in Karlsruhe
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https://doi.org/10.11588/diglit.6699#0273

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Neuere Bauten von Curjel & Moser, Architekten in Karlsruhe.

interessanten Flächengliederung, einer male-
rischen Silhuette macht alles Auftragen mit
dekorativem Detail überflüssig. Man ge-
winnt wieder grosse und einfache Wand-
flächen. Das Gesetz der Einfachheit, die
Wirkung der grossen und geschlossenen
Massen beherrscht in konsequenter Durch-
führung den Karakter dieser Arbeiten.

Wenn also das Prinzip der geschlossenen
Fläche für den Villenbau einen wesentlichen
Faktor der künstlerischen Fassaden -Wirkung
und des wohnlichen und und stimmungs-
vollen Raum-Abschlusses ausmacht, so ver-
langen die praktischen Rücksichten beim
modernen Geschäfts - Haus im Gegentheil
die weitgehendste Oeffnung und Auflösung
der Mauer-Massen. Die Schau - Auslagen
eines Verkaufs-Magazins, der Lichtbedarf
von Komptoir- und Büreau-Räumen stellen
in gleicher Weise die Forderung grosser
Fenster-Oeffnungen. So reduzirt sich die
Strassenwand auf ein System von Pfeilern,
zwischen denen gewaltige Glasflächen aus-
gespannt sind. Die ganze Fassade ver-
wandelt sich in ein riesiges steinumrahmtes
Fenster. Im gleichen Sinne sind auch die
Wandflächen der von Curjel & Moser er-
bauten Schweizer Schul- und Gemeinde-
Häuser behandelt, wo es ausser einer mög-
lichsten Ausnützung der Räume bis unter
das Dach ebenfalls auf die Gewinnung reich-
licher Lichtquellen ankam. Sie vermitteln
gewissermaassen zwischen dem reinen Wohn-
haus- und dem reinen Geschäftshaus - Stil.
Dass sich in diesem an das gothische Kon-
struktions - System angelehnten Prinzip auch
auf modernem Boden bedeutende monumen-
tale Wirkungen erreichen lassen, dafür ist
u. a. das Veit L. Homburger'sehe Bankhaus
in Karlsruhe ein schönes Beispiel. Es ist bis
jetzt die reifste und in sich abgeschlossenste
unter ihren Geschäfts-Bauten, das Resultat
einer sich stets abklärenden Entwickelung
des neuen Bau-Gedankens.

Das Prinzip individuellen Schaffens, des
Eingehens auf die besonderen Bedingungen
des gegebenen Falles stellt wiederum im
Kirchen-Bau seine besonderen Aufgaben.
Andere Probleme bietet dem Architekten
ein katholisches, andere ein protestantisches

Kirchen - Projekt. Als ein Beispiel einer
zweckmässig durchgeführten protestantischen
Kirchen-Anlage sei die kürzlich eingeweihte
Christus-Kirche in Karlsruhe angeführt.
Der protestantische Gottesdienst verlangt
bei seiner starken Betonung der Predigt
eine möglichst zentrale Gruppirung der
Sitz-Reihen. Die aus ganz anderen Beding-
ungen hervorgegangene katholische Kirchen-
Anlage mit der dominirenden Haupt-Achse
eines gestreckten Lang - Schiffs, und der
Trennung des Raumes in Haupt-, Quer-
und Nebenschiffe widerspricht dieser For-
derung in jedem Punkt. Die Architekten
wählten desshalb eine Anlage, die sich
für den protestantischen Kirchen-Bau mehr

CURJEI. & MOSER. Bronze - Thüre im Altar-Raum.

1901. V. fi
 
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