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Dr. Karl Mayr—München: Fritz Erler—München.
hat diese Zeitschrift im Heft 4, Jahrgang 1*)
gebracht. Damals führte ihn H. E. v. Ber-
lepsch ein, dessen künstlerischer Instinkt in
so manchem jüngeren Talent — ich erinnere
nur an Greiner — den zündenden Funken
früher als andere erkannt und der ihnen
durch sein schriftstellerisches Ansehen die
Pfade geebnet hat. Durch ihn wissen die
Leser von Erlers Entwicklungsgang. Will
sich der Beschauer dieses Heftes die Mühe
nehmen, das erste Erler-Heft nachzuschlagen,
so wird er aus einem Vergleich mit dem
Vorliegenden leicht erkennen, dass sich die in
jenen Bildern und Entwürfen aussprechenden
Anschauungen mit logischer Konsequenz
weitergebildet haben und vor allem, dass
Erler heute nicht mehr aus dem Hafen
steuert; das Schiff ist wohl befrachtet und
seine Segel blähen sich froh im offnen Meere.
Manche Saite, die in dem ersten Erler-
lieft erklang, tönte in den letzten 3 Jahren,
deren Arbeiten ausschliesslich die Repro-
duktionen dieses Heftes gewidmet sind, nicht
mehr fort. So hat sich Erler nicht weiter
mit der Ausführung jener — übrigens inner-
halb zweier Wochen entstandenen — Vasen-
Entwürfe beschäftigt, die für uns schon
dadurch interessant sind, dass sie als das
erste entschiedene Zeugniss eines deutschen
Künstlers für die neue Bewegung in
Deutschland zu gelten haben (Frühjahr 1894).
Die Keramik erblickt gegenwärtig in der
Vase meist nur den Träger irgend einer
märchenhaften Farbe oder einer Formen-
laune. Doch kann es keinem Zweifel unter-
liegen, dass ihre herrlichen Errungenschaften
einer ähnlichen Zusammenfassung in eine
Stimmungs-Einheit von Farbe, Form und
figuraler Darstellung bedürfen, wie sie die
Entwürfe Erlers bieten. Hauptsächlich aber
kam Erler von diesen und ähnlichen Be-
strebungen durch die Arbeiten für die Villa
Neisser im Scheitniger Park vor den Thoren
Breslau's ab. Er hatte den Auftrag für den
auch als Musiker sehr modern gesinnten
Geheimrath Neisser und seine kunstbegeisterte
Gattin einen Musikraum herzustellen, in dem
zwei grosse Konzert-Flügel und eine Orgel
Platz finden mussten. Das waren die ein-
*) Januar-Heft 1898, Krler-Heft I.
Dr. Karl Mayr—München: Fritz Erler—München.
hat diese Zeitschrift im Heft 4, Jahrgang 1*)
gebracht. Damals führte ihn H. E. v. Ber-
lepsch ein, dessen künstlerischer Instinkt in
so manchem jüngeren Talent — ich erinnere
nur an Greiner — den zündenden Funken
früher als andere erkannt und der ihnen
durch sein schriftstellerisches Ansehen die
Pfade geebnet hat. Durch ihn wissen die
Leser von Erlers Entwicklungsgang. Will
sich der Beschauer dieses Heftes die Mühe
nehmen, das erste Erler-Heft nachzuschlagen,
so wird er aus einem Vergleich mit dem
Vorliegenden leicht erkennen, dass sich die in
jenen Bildern und Entwürfen aussprechenden
Anschauungen mit logischer Konsequenz
weitergebildet haben und vor allem, dass
Erler heute nicht mehr aus dem Hafen
steuert; das Schiff ist wohl befrachtet und
seine Segel blähen sich froh im offnen Meere.
Manche Saite, die in dem ersten Erler-
lieft erklang, tönte in den letzten 3 Jahren,
deren Arbeiten ausschliesslich die Repro-
duktionen dieses Heftes gewidmet sind, nicht
mehr fort. So hat sich Erler nicht weiter
mit der Ausführung jener — übrigens inner-
halb zweier Wochen entstandenen — Vasen-
Entwürfe beschäftigt, die für uns schon
dadurch interessant sind, dass sie als das
erste entschiedene Zeugniss eines deutschen
Künstlers für die neue Bewegung in
Deutschland zu gelten haben (Frühjahr 1894).
Die Keramik erblickt gegenwärtig in der
Vase meist nur den Träger irgend einer
märchenhaften Farbe oder einer Formen-
laune. Doch kann es keinem Zweifel unter-
liegen, dass ihre herrlichen Errungenschaften
einer ähnlichen Zusammenfassung in eine
Stimmungs-Einheit von Farbe, Form und
figuraler Darstellung bedürfen, wie sie die
Entwürfe Erlers bieten. Hauptsächlich aber
kam Erler von diesen und ähnlichen Be-
strebungen durch die Arbeiten für die Villa
Neisser im Scheitniger Park vor den Thoren
Breslau's ab. Er hatte den Auftrag für den
auch als Musiker sehr modern gesinnten
Geheimrath Neisser und seine kunstbegeisterte
Gattin einen Musikraum herzustellen, in dem
zwei grosse Konzert-Flügel und eine Orgel
Platz finden mussten. Das waren die ein-
*) Januar-Heft 1898, Krler-Heft I.