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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 7.1900

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Mayr, Karl: Fritz Erler: Muenchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6699#0310

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Dr. Karl Mayr—München:

KRITZ ERLER-MÜNCHEN.

den Brüsten der Natur, hat in Verbindung
mit einer ungemein grossen Begabung für
das dekorative Gesammt - Bild, die wunder-
volle Erscheinung Böcklins erzeugt, bei
dem allerdings das Gedächtniss das Zeich-
nen nach der Natur meist ersetzt zu haben
scheint. Ueberhaupt wäre es endlich einmal
an der Zeit, dass der Begriff »dekorativ«
von dem üblen Geruch befreit würde, in den
ihn die Phalanx der »Intimen« gebracht
hat, gleich als ob die dekorative Veran-
lagung eine niedrigere Fähigkeit wäre als
der Sinn für das »Intime«. Eher ist das

Gegentheil wahr. Jedes
grosse Kunstwerk ist
dekorativ, das griechi-
sche wie das gothische.
Wieder sei der Schatten
des Baseler Meisters
angerufen: »es schien
ihm klar, berichtet
Schick (p. 171), dass
es das Gross - Dekora-
tive in den Bildern ist,
was selbst auf den
Sinn des rohesten und
ungebildetsten Men-
schen Eindruck macht;
und das suchte er auch
in seinen nachherigen
Bildern mehr anzu-
streben«. Ausserdem
gehört es zu den künst-
lichen Irrthümern, dass
dekorativ gleichbedeu-
tend sei mit schlott-
riger , oberflächlicher
Durchführung und im
Gegensatz zu liebe-
voller Versenkung
stehen müsse. Selbst-
verständlich kann das
Dekorative, das Böck-
lin im Auge hat, näm-
lich das Herausarbeiten
des bildmässig Wirk-
samen nicht »anstre-
ben« , wer nicht diese
Anlage zum Gross-
zügigen in sich hat.
Wer genrehaft sieht, mag auch mit Kalk
malen: er wird immer ein Genremaler bleiben;
wer aber die gemeinte Anlage besitzt, der
wird auch auf fussgrossen Bildchen diese
Qualität entwickeln. Deshalb blieb z. B.
Makart ein Genremaler, auch wenn er eine
Riesenleinwand vermalte, während Böcklin
von seinen kleinen Bildchen hinweg die
grossartigen Fresken in Basel malen konnte
und, um einen Alten zu nennen, Dürer immer
gross blieb, auch wenn er ein Kaninchen oder
Gräser zeichnete, oder ein winziges Blättchen
von 8:12 cm stach. Es ist die Art des

Porträt des Bruders.
 
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