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Wilhelm Schölermann—Kiel: Aus Schleswig-Holstein.
Theodor Johannsen, dem die holsteinische
Landschaft die Umrisslinien, breiten Flächen
und Farbenwerthe gibt, die er sucht. Es
liegt eine gewisse Sattheit und »Wohl-
habenheit« in unserem Boden, zum Unter-
schied von der feinen, aber etwas ärmlichen
Haide- und Föhren - Poesie der märkischen
Havel- und Spree-Landschaften.
Das kunstgewerbliche Schaffen der
Schleswig - Holsteiner Peter Behrens und
Hans Christiansen ist in den Rahmen der
Darmstädter Künstler - Kolonie getreten,
während eine ganze Reihe tüchtiger nord-
deutscher, namentlich Hamburger Künstler
dem Karlsruher Künstlerbunde angehört.
So wirken sie an verschiedenen Punkten
verstreut, nur nicht gemeinsam, nicht in der
engeren Heimath, deren Boden sie ent-
stammen. Es wäre ungerecht, sie darob zu
tadeln, denn verdenken kann es ihnen Nie-
mand, dass sie fortgehen. Wir hier in der
Nordmark erwachen ja nun erst zur Er-
kenntniss des Zeitgemässen, reiben uns
eben den Schlaf aus den Augen. Regeres
Treiben auf dem Gebiete der bildenden und
angewandten Künste ist vorläufig in Ham-
burg-Altona und Scherrebek zutage getreten,
neuerdings auch durch die Wander - Aus-
stellung der Schleswig-holsteinischen Künst-
ler-Genossenschaft in der Provinz erweitert
und in die kleineren Orte hinausgetragen,
wo eine allmähliche Besserung zu hoffen ist.
Wir bedürfen jetzt aber eines Sammelpunktes,
um den sich die ideellen und materiellen
Kräfte gruppiren können zu gemeinsamer
Kultur-Arbeit. Hätten wir doch nur einen
holsteinischen Grossen, der die ganze ein-
heimische Künstler-Gemeinde zu frischer
fröhlicher Arbeit um sich vereinte! Das
Muster-Beispiel ist ja gegeben durch die
That des Grossherzogs von Hessen. Die
vorbildliche Vornehmheit dieser Organisation
bedeutet einen Grund- und Markstein in
unserer neuzeitlichen Entwickelung, die
mehr leisten kann und wird, als die im
Sonnenschein der üblichen Hofgunst üppig
aufblühenden und dennoch zweitklassigen
Denkmalskunst in Marmor, Oel oder Bühnen-
pathos. Einen solchen Mann und Fürsten
von Geburts- und innerem Adel brauchen
wir. Einst lebte hierzulande ein für seine
Zeit bedeutender »gelehrter« Rantzau, der
die Kunst seines Landes kannte, wie Keiner
vor oder nach ihm. Hat er keine Geistes-
erben hinterlassen? Wer will und kann
heute seine Erbschaft antreten?
Denn unser meerumschlungenes schönes
Land könnte und müsste der künstlerische
Vorposten Deutschlands nach Norden werden.
Nach zeitlichen und örtlichen Ueber-
lieferungen gebührt ihm dieser wichtige und
werthvolle Platz. Kommt es nicht dazu, so
liegt der Grund nicht in den mangelnden
Vorbedingungen, sondern in dem Mangel
einer Initiative, oder in der verkehrten Aus-
nutzung vorhandener Kräfte.
Die neue Heimathkunst auf Grundlage
örtlicher Ueberlieferungen ist berechtigt, und
sie wird überall da sein, wo das Gefühl und
der Wille dazu Wurzel fassen kann. Unser
neues Reich ist das Land der »vielen Hei-
mathen« , und da wir nun wieder wissen,
was und wo des Deutschen Vaterland ist,
so wollen wir auch unserer engeren Heimath
— Jeder der seinigen — wieder froh werden!
Wilhelm Schölermann—Kiel.
ä
ZUR GEFL. NOTIZ. Das vorstehende
Triptychon »Die Pest« von Fritz Erler
—München bringen wir mit freundl. Ge-
nehmigung der Münchener Wochenschrift
»Jugend«, welche dasselbe zur Veröffent-
lichung in Nr. 11 vom i o. März ihres
jetzigen Jahrganges erworben hat.
Wilhelm Schölermann—Kiel: Aus Schleswig-Holstein.
Theodor Johannsen, dem die holsteinische
Landschaft die Umrisslinien, breiten Flächen
und Farbenwerthe gibt, die er sucht. Es
liegt eine gewisse Sattheit und »Wohl-
habenheit« in unserem Boden, zum Unter-
schied von der feinen, aber etwas ärmlichen
Haide- und Föhren - Poesie der märkischen
Havel- und Spree-Landschaften.
Das kunstgewerbliche Schaffen der
Schleswig - Holsteiner Peter Behrens und
Hans Christiansen ist in den Rahmen der
Darmstädter Künstler - Kolonie getreten,
während eine ganze Reihe tüchtiger nord-
deutscher, namentlich Hamburger Künstler
dem Karlsruher Künstlerbunde angehört.
So wirken sie an verschiedenen Punkten
verstreut, nur nicht gemeinsam, nicht in der
engeren Heimath, deren Boden sie ent-
stammen. Es wäre ungerecht, sie darob zu
tadeln, denn verdenken kann es ihnen Nie-
mand, dass sie fortgehen. Wir hier in der
Nordmark erwachen ja nun erst zur Er-
kenntniss des Zeitgemässen, reiben uns
eben den Schlaf aus den Augen. Regeres
Treiben auf dem Gebiete der bildenden und
angewandten Künste ist vorläufig in Ham-
burg-Altona und Scherrebek zutage getreten,
neuerdings auch durch die Wander - Aus-
stellung der Schleswig-holsteinischen Künst-
ler-Genossenschaft in der Provinz erweitert
und in die kleineren Orte hinausgetragen,
wo eine allmähliche Besserung zu hoffen ist.
Wir bedürfen jetzt aber eines Sammelpunktes,
um den sich die ideellen und materiellen
Kräfte gruppiren können zu gemeinsamer
Kultur-Arbeit. Hätten wir doch nur einen
holsteinischen Grossen, der die ganze ein-
heimische Künstler-Gemeinde zu frischer
fröhlicher Arbeit um sich vereinte! Das
Muster-Beispiel ist ja gegeben durch die
That des Grossherzogs von Hessen. Die
vorbildliche Vornehmheit dieser Organisation
bedeutet einen Grund- und Markstein in
unserer neuzeitlichen Entwickelung, die
mehr leisten kann und wird, als die im
Sonnenschein der üblichen Hofgunst üppig
aufblühenden und dennoch zweitklassigen
Denkmalskunst in Marmor, Oel oder Bühnen-
pathos. Einen solchen Mann und Fürsten
von Geburts- und innerem Adel brauchen
wir. Einst lebte hierzulande ein für seine
Zeit bedeutender »gelehrter« Rantzau, der
die Kunst seines Landes kannte, wie Keiner
vor oder nach ihm. Hat er keine Geistes-
erben hinterlassen? Wer will und kann
heute seine Erbschaft antreten?
Denn unser meerumschlungenes schönes
Land könnte und müsste der künstlerische
Vorposten Deutschlands nach Norden werden.
Nach zeitlichen und örtlichen Ueber-
lieferungen gebührt ihm dieser wichtige und
werthvolle Platz. Kommt es nicht dazu, so
liegt der Grund nicht in den mangelnden
Vorbedingungen, sondern in dem Mangel
einer Initiative, oder in der verkehrten Aus-
nutzung vorhandener Kräfte.
Die neue Heimathkunst auf Grundlage
örtlicher Ueberlieferungen ist berechtigt, und
sie wird überall da sein, wo das Gefühl und
der Wille dazu Wurzel fassen kann. Unser
neues Reich ist das Land der »vielen Hei-
mathen« , und da wir nun wieder wissen,
was und wo des Deutschen Vaterland ist,
so wollen wir auch unserer engeren Heimath
— Jeder der seinigen — wieder froh werden!
Wilhelm Schölermann—Kiel.
ä
ZUR GEFL. NOTIZ. Das vorstehende
Triptychon »Die Pest« von Fritz Erler
—München bringen wir mit freundl. Ge-
nehmigung der Münchener Wochenschrift
»Jugend«, welche dasselbe zur Veröffent-
lichung in Nr. 11 vom i o. März ihres
jetzigen Jahrganges erworben hat.