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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 10.1902

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Van de Velde, Henry: Das neue Kunst-Prinzip in der modernen Frauen-Kleidung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6695#0089
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Das neue Kunst-Prinzip in der Frauen-Tracht.

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vermutlich vor jeder Kritik geschützt ist,
sonst würde sie sie nicht gefragt haben, denn
sie widersprechen sich alle. Der Universitäts-
Professor Richard von Krafft—Ebing sagt:
»Ich halte das Miedertragen für eine der
schädlichsten Unsitten der Frauen-Kleidung.
Man braucht nur einmal eine Schnür-Leber
auf dem Sektions - Tisch gesehen zu haben,
um dies zu begreifen«. — Der Dr. med.
Siddy Pal beginnt mit folgenden Worten
seine Antwort: »Es ist ein Irrtum, ohne
weiteres zu behaupten, das Miedertragen sei
schädlich und unhygienisch. Gewiss könnte
ein grosser Teil der Frauen ohne dasselbe
auskommen, dagegen ist es für viele nicht
allein empfehlenswert, sondern selbst dringend
geboten«. — Der Universitäts - Professor
E>r. Friedrich Schauta sagt schroff: »In der

»prof. h. van de velde. Tea gown. Rück-Ansicht.

191.2. viii. 1.

prof. h. van de velde. Tea gown. Mörder-Ansicht.

Frage des Miedertragens dürfte wohl kein
Arzt ein anderes als das schärfste Ver-
dammungs-Urteil auszusprechen in der Lage
sein«; während ein anderer Universitäts-
Professor, Dr. C. Breus, erklärt: »Vom hygie-
nischen Standpunkte ist das Miedertragen
durchaus nicht so ohne weiteres zu verwerfen,
wie dies nicht selten geschieht«.

Die Bewegung der Reform - Kleidung
wird noch lange in diesen Widersprüchen
verharren, wenn wir schon weit in der Er-
oberung der Schönheit sein werden. Wir
werden inzwischen manche Geheimnisse der
Art und des Schnittes der Pariser Toiletten
aufgefangen haben, und das wird nicht wenig
zu unserem künftigen Triumphe beitragen.

Prof. Henry van de Velde —Weimar.
 
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