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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 10.1902

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Lux, Joseph August: Klinger's Beethoven und die moderne Raum-Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.6695#0191
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XIV. KUNST-AUSSTELLUNG

DER

VEREINIGUNG oo
BILDENDER ooo
KUENSTLER ooo
OESTERREICHS
SECESSION 1902

KLINGER'S BEETHOVEN

W UND DIE MODERNE RAUM-KUNST fc*

Von JOSEPH AUGUST LUX.

Die Aufgabe dieser Ausstellung, die
von der bisherigen Art durchaus ab-
weicht, bestand darin, dem Beethoven-
Denkmal von Max Klinger eine würdige
Umrahmung zu schaffen. Bei allen früheren
Veranstaltungen der Sezession hat es sich
darum gehandelt, Kunstwerke, die unab-
hängig von einander entstanden sind, har-
monisch zusammenzufassen, mit verständnis-
vollem Bedacht auf ihre Einzelwirkung zu
einem Ganzen zu verbinden, und dergestalt
das Ausstellungswesen künstlerisch neu zu
beleben. Eine Vielheit war gegeben; die
Raum - Gestaltung formte sie zur Einheit.
Diesmal sollte es umgekehrt sein: die Ein-
heit war gegeben, die Raum-Idee und der
malerische und plastische Schmuck traten
in ihren Dienst. Es galt dabei sichtbar zu
machen, wie sich die Aesthetik der Malerei
und der Plastik in Bezug auf den architek-
tonischen Gedanken ändert, und die For-
derungen kennen zu lernen, die bei Auf-
gaben der Monumental-Kunst gestellt werden.
Namentlich bei jenen, welche Weihe-Stim-
mung bezwecken, wie bei der Tempel-Kunst.
Alle Zeiten mit starkem künstlerischen
Eigenleben haben nach diesem höchsten
Ziel gestrebt, und die Kunst - Geschichte
weist von den ältesten Epochen bis auf das

Renaissance - Zeitalter herab hohe Beispiele
eigenartiger Raum-Kunst auf. Was unser
Zeitalter in dieser Art bisher hervorgebracht
hat, ist schwächliche Epigonen-Kunst. Ein
Ragout von Anderer Schmaus. Die grund-
legende Anschauung fehlte: jede wahre
Kunst ist Eigen-Schöpfung. Ihr Maß ist
die Persönlichkeit. Auf dem kunstgewerb-
lichen Gebiet hat dieser Grundsatz bereits
vielfach zur Neugestaltung geführt, zur Um-
krempelung der P'ormen der Alltags-Kultur,
zur Einsetzung von Schlichtheit, Wahr-
haftigkeit und Echtheit an Stelle der Lüge,
des erborgten Scheins und des hohlen Pathos.
Die künstlerische Energie bleibt dabei nicht
stehen. Sie drängt nach höheren Zielen,
welche zu den höchsten Leistungen heraus-
fordern. Ihre Sehnsucht ist eine monumen-
tale Aufgabe, die über die gewohnte Kunst-
Übung hinausführt und alle bildenden Künste
zu einem einheitlichen gesteigerten Ausdruck
verbindet. Und weil ihr die Gegenwart
eine solche Aufgabe annoch vorenthält, so
macht sie aus eigenen Mitteln einen Versuch,
der in der zielbewussten Ausgestaltung eines
Innen-Raumes besteht. Naturgemäß ist
einer solchen Schöpfung, die als Ausstellungs-
Rahmen gedacht ist, nur ein ephemeres
Dasein beschieden. Aber es kümmert die

1903. x. 1.
 
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