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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 10.1902

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Fuchs, Georg: Mackintosh und die Schule von Glasgow in Turin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6695#0298
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580 Georg Fuchs—Darmstadt:

JF.SSIE K. NEWIiERY—GLASGOW: Axminster-Tcppich. AUSGEFÜHRT VON A. MORTON & CO.

weiblich-weich ist, wie die andere männlich-
hart. Wir begegnen ihr in den Füllungen,
welche zumeist aus dekorativen Linien-
Kompositionen bestehen und gerade in dem
starr-architektonischen Rahmen durch ihre
schwungvolle Weichheit eine eindrucksvolle
Gegensatz-Wirkung erzeugen. In ihnen
überwiegt und überwuchert die wogende
Linie so sehr jeden andern Gesichtspunkt,
dass diese Linie für sich zum Endzweck wird
und sogar das Gegenständliche fast ertötet.
Die menschliche Figur scheint nur ein Vor-
wand zu sein, um sich bei ihrer Darstellung
in süssem Linienge woge zu ergötzen, sie wird
nach Bedarf in die Länge gezogen oder in's
Unmögliche verändert, jedenfalls ist sie
lediglich dekorativ. Sie ist in derselben
Weise stilisiert, wie die englische Kunst in
ihrem Flachmuster die Pflanze stilisiert: sie
ist in geziert-verbogene Stellungen gezwängt,

um eine bestimmte Linienführung zu er-
reichen. Wir haben hier die letzte Konsequenz
der dekorativen Linie vor uns, deren Ur-
Anfänge in England zu suchen sind. Blake
schwelgte schon vor hundert Jahren in ihr
und Rossetti suggerierte sie der ganzen
Welt. Von Rossetti und den Praeraffaeliten
führt der Weg in gerader Linie sowohl zu
Toorop als den Glasgower Künstlern.«

So weist uns also gerade die exakte,
ja »fachmännische« Beschreibung der Kunst
Mackintosh's wieder auf den Ausgang unserer
Betrachtungen zurück: auf Rossetti und
Blake. — William Blake (geb. 1757 in London)
— wie gehört er noch hierher? — Rudolf
Kassner sagt von Blake's Dichtungen in
seinem Buche »Die Mystik, die Künstler
und das Leben« (S. 47): »Es ist einem, wie
wenn man dem Leben auf einer traumhaften
Bühne zusähe. Schatten wandeln hier auf
 
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