Anton Jaumann: Moderne Lichtmalerei.
GEORG WALTON—LONDON.
der neuesten Ergebnisse der Wissenschaft!
Vielleicht wurde das Experimentelle, der
Sieg der Technik, oft auch zu sehr betont,
zum Nachteil der Kunst; auf jeden Fall aber
offenbarte sich darin der Geist unserer Zeit.
Das wird vielfach verkannt; man wirft der
Malerei vor, sie hätte keinerlei Berührungs-
punkte mit dem Leben der Gegenwart, sie
hätte ihre Aufgabe, Spiegel der Zeit und
ihrer Kultur zu sein, verfehlt. Was charak-
terisiert doch den modernen Menschen?
Dass er aufgehört hat, naiv-bescheiden mit
einfachen, kleinlichen Verhältnissen und Lei-
stungen zufrieden zu sein, dass er, aus-
gerüstet mit den besten Hülfsmitteln, immer
die denkbar intensivste Wirkung anstrebt.
So ist auch das Auge sehr anspruchs-
voll geworden, und seinen erhöhten Anfor-
derungen musste die Malerei durch immer
neue, stärkere und feinere Effekte nach-
kommen. Daher die aparten Farben-Stim-
mungen, die unendliche Vielseitigkeit der
Nuancen, die rhythmische Durcharbeitung
der Bildfläche, daher auch das Streben nach
4M
Fenstersitz aus dem Wohn-Zimmer S. 415.
Helligkeit und nach Leuchtkraft der Farben.
— Natürlich sind diese Eigenschaften jeder
Farbe eigen, da sie zu ihrem Wesen ge-
hören, wie Höhe, Stärke und Klangfarbe
zum Wesen des Tones. Neu ist nur, dass
jetzt auf Helligkeit und Leuchtkraft beson-
dere Wirkungen aufgebaut werden. Sie
sollen an erster Stelle sprechen, der Be-
schauer vor allem die Fülle des Lichts, die
über das Bild ausgegossen, und die Inten-
sität der Farbentöne beachten und geniessen.
Übrigens sind lichte Farben und leuchtende
Farben nicht dasselbe. Leuchten, glühen
können Farben, die nur eine geringe Hellig-
keit besitzen, und die hellsten Farben sind
oft an sich von recht geringer Leuchtkraft
und Intensität. In beiden Fällen ist es Licht,
das aus dem Bilde strahlt, das eine Mal vor-
wiegend das krystallklare, farblose oder
farbschwache Sonnenlicht, das die Farben
der reinen Helligkeit, dem Weiss nähert,
das andere Mal die Zerteilungsprodukte des
Lichts, die Farben des Spektrums, die ent-
weder durch die Atmosphäre hervorgerufen
GEORG WALTON—LONDON.
der neuesten Ergebnisse der Wissenschaft!
Vielleicht wurde das Experimentelle, der
Sieg der Technik, oft auch zu sehr betont,
zum Nachteil der Kunst; auf jeden Fall aber
offenbarte sich darin der Geist unserer Zeit.
Das wird vielfach verkannt; man wirft der
Malerei vor, sie hätte keinerlei Berührungs-
punkte mit dem Leben der Gegenwart, sie
hätte ihre Aufgabe, Spiegel der Zeit und
ihrer Kultur zu sein, verfehlt. Was charak-
terisiert doch den modernen Menschen?
Dass er aufgehört hat, naiv-bescheiden mit
einfachen, kleinlichen Verhältnissen und Lei-
stungen zufrieden zu sein, dass er, aus-
gerüstet mit den besten Hülfsmitteln, immer
die denkbar intensivste Wirkung anstrebt.
So ist auch das Auge sehr anspruchs-
voll geworden, und seinen erhöhten Anfor-
derungen musste die Malerei durch immer
neue, stärkere und feinere Effekte nach-
kommen. Daher die aparten Farben-Stim-
mungen, die unendliche Vielseitigkeit der
Nuancen, die rhythmische Durcharbeitung
der Bildfläche, daher auch das Streben nach
4M
Fenstersitz aus dem Wohn-Zimmer S. 415.
Helligkeit und nach Leuchtkraft der Farben.
— Natürlich sind diese Eigenschaften jeder
Farbe eigen, da sie zu ihrem Wesen ge-
hören, wie Höhe, Stärke und Klangfarbe
zum Wesen des Tones. Neu ist nur, dass
jetzt auf Helligkeit und Leuchtkraft beson-
dere Wirkungen aufgebaut werden. Sie
sollen an erster Stelle sprechen, der Be-
schauer vor allem die Fülle des Lichts, die
über das Bild ausgegossen, und die Inten-
sität der Farbentöne beachten und geniessen.
Übrigens sind lichte Farben und leuchtende
Farben nicht dasselbe. Leuchten, glühen
können Farben, die nur eine geringe Hellig-
keit besitzen, und die hellsten Farben sind
oft an sich von recht geringer Leuchtkraft
und Intensität. In beiden Fällen ist es Licht,
das aus dem Bilde strahlt, das eine Mal vor-
wiegend das krystallklare, farblose oder
farbschwache Sonnenlicht, das die Farben
der reinen Helligkeit, dem Weiss nähert,
das andere Mal die Zerteilungsprodukte des
Lichts, die Farben des Spektrums, die ent-
weder durch die Atmosphäre hervorgerufen