Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 16.1905

DOI Artikel:
Mayr, Karl: Willy von Beckerath - München
DOI Artikel:
Vogt, Adolph: Die Plakat-Wand
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8553#0331

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Willy von Beckerath—München.

W. v. BECKERATH—MÜNCHEN. Plakat-Entwurf.

müt, das sich der göttlichen Naturkraft anver-
traut, wird von einem schlanken, deutschen Akt
dargestellt. In allen Bildern v. Beckeraths
gewahrt man einen überlegenen, in strenger
Selbstzucht erwachsenen Kunstverstand, der
die Kunst als etwas viel zu hohes erfasst,
als dass er sich im Umgang mit ihr Launen
und Willkürlichkeiten gestattete. Eine hoch-
gesteigerte Empfindlichkeit verbannt aus
seinen Konzeptionen alles Triviale; in edler
Kühle läutert er die heisse Glut zum meister-
lichen Werk, dem Erdenrest zu tragen
peinlich ist. In möglichster Vollendung soll
es da stehen; wie mit ihm der Künstler in sich
den Sturm gebändigt, soll sein Anschauen,
die Wirkung seiner rein künstlerischen
Darstellungs-Elemente, Ruhe ausgiessen und
Seligkeit über jedes empfänglich gestimmte
Gemüt. Niemand wird behaupten, dass wir
Stimmen dieser Art in der grossen Sym-
phonie der gegenwärtigen Kunst nicht not-
wendig haben. Wir bedürfen ihrer und sind
stolz auf sie. — Wie mir erst während des
Druckes bekannt wird, war die »Europa«
ursprünglich für einen Erholungsraum des
Reichstagsgebäudes bestimmt. Der Entwurf
fand aber keinen Gefallen, er suchte zu wenig
ausserhalb der Schranken. d*- karx mayr.
718

DIE PLAKAT-WAND.

Die jüngsteröffneten Warenhäuser, die
Schöpfungen der Architekten Messel
in Berlin und Littmann in München, waren
für viele eine freudige Überraschung. Man
hatte sich schon ganz in den melancholischen
Gedanken ergeben, dass, wie die exportierende
Weltindustrie, so auch das grossstädtische
Geschäftsleben für die Kunst nichts übrig
habe, und dass man von ihr nichts anderes
erwarten dürfe, als die bekannte schreiende
Reklamearchitektur an der Fassade, in den
Waren aber niedrigsten Massengeschmack.
Da erstanden auf einmal diese vornehmen,
adeligen Bauwerke, die ohne Frage das
meiste an zeitgenössischer Architektur weit
überragen; da tritt vor uns, fast fertig, als
erster Typus eines modernen Grossstadt-
hauses dar, auf den wir zuletzt gehofft
hätten, das modernste Geschäfts-, das Waren-
haus. Die Bauten Messels und Littmanns
gehören der Kunstgeschichte an. Ihre Be-
deutung geht jedoch über das Architektur-
geschichtliche hinaus. Sie geben uns die
Sicherheit, dass auch diejenigen Gebiete des
modernen Lebens, die als die kunstfeind-

W. v. BECKERATH—MÜNCHEN. Plakat-Entwurf.
 
Annotationen