Willy von Beckerath—München.
zweck sind. Wie lustig quillt da das Kinder-
fleisch (Abb. S. 716), wie strafft sich der Leib
der Schreitenden (Abb. S. 715), wie wahr und
sicher fliessen die Linien der prachtvollen
Studie (Abb. S. 706). In der griechischen
Mythologie findet W. v. Beckerath Symbole
und Anregungen, mit denen er gerne arbeitet.
Aber wie anders sind sie gestaltet als in
der Kartonperiode. Nirgends wird man einen
Anklang an griechische Formen finden. Die
Symbole sind aus einem germanischen Geiste
wiedergeboren und frei zum Empfindungs-
ausdruck eines ehrlich modern und nicht
antiquarisch fühlenden Menschen verwendet.
Seine Venus hat nichts von antiken Reminis-
cenzen, der Stier der Europa stammt aus
Oberbayern und die Europa selbst, das Ge-
W. V. BECKERATH—MÜNCHEN.
"'»KOT
Studie.
Korunden (Abb. S. 719). In der Ornamen-
tik beider verbirgt sich ein leicht ver-
hüllter Symbolismus, der ihnen über die Er-
scheinung hinaus eine sinnige Neben-
beziehung verleiht. Die Brosche mit dem
Liebesbogen und dem prachtvollen Opal, der
sich aus den zwei Dreiecken entwickelt, be-
stellte ein glücklicher Vater für seine junge
Frau, die ihm den Stammhalter schenkte;
an der Halskette, welche für eine Sängerin
bestimmt war, sind sämtliche Bogenlinien
aus dem Violinschlüssel umgebildet.
Auf welch' solider Basis v. Beckeraths figu-
rales Können beruht, ersieht man aus den
freien, lebendigen Akten (Abb. S. 714), deren
Sicherheit, Delikatesse und Frische ihres
Gleichen suchen dürften. Es sind einmalige,
rasch hingeworfene Zeichnungen, nicht das
Ergebnis mehrmaliger sorgfältiger Durch-
pausungen, nur dazu bestimmt, die gewollte
Erscheinung festzuhalten. Glücklicherweise
begegnet man hier nicht jene dem Laien
so sehr imponierenden Akte, deren wissen-
schaftlich zerlegte Muskelkomplexe mehr
für Kenner der Anatomie als der Kunst
hergestellt sind, die als Studien bezeichnet
werden, während sie in Wahrheit Selbst-
-0)
W. V. BECKERATH—MÜNCHEN.
Bleistiftstudie.
717
zweck sind. Wie lustig quillt da das Kinder-
fleisch (Abb. S. 716), wie strafft sich der Leib
der Schreitenden (Abb. S. 715), wie wahr und
sicher fliessen die Linien der prachtvollen
Studie (Abb. S. 706). In der griechischen
Mythologie findet W. v. Beckerath Symbole
und Anregungen, mit denen er gerne arbeitet.
Aber wie anders sind sie gestaltet als in
der Kartonperiode. Nirgends wird man einen
Anklang an griechische Formen finden. Die
Symbole sind aus einem germanischen Geiste
wiedergeboren und frei zum Empfindungs-
ausdruck eines ehrlich modern und nicht
antiquarisch fühlenden Menschen verwendet.
Seine Venus hat nichts von antiken Reminis-
cenzen, der Stier der Europa stammt aus
Oberbayern und die Europa selbst, das Ge-
W. V. BECKERATH—MÜNCHEN.
"'»KOT
Studie.
Korunden (Abb. S. 719). In der Ornamen-
tik beider verbirgt sich ein leicht ver-
hüllter Symbolismus, der ihnen über die Er-
scheinung hinaus eine sinnige Neben-
beziehung verleiht. Die Brosche mit dem
Liebesbogen und dem prachtvollen Opal, der
sich aus den zwei Dreiecken entwickelt, be-
stellte ein glücklicher Vater für seine junge
Frau, die ihm den Stammhalter schenkte;
an der Halskette, welche für eine Sängerin
bestimmt war, sind sämtliche Bogenlinien
aus dem Violinschlüssel umgebildet.
Auf welch' solider Basis v. Beckeraths figu-
rales Können beruht, ersieht man aus den
freien, lebendigen Akten (Abb. S. 714), deren
Sicherheit, Delikatesse und Frische ihres
Gleichen suchen dürften. Es sind einmalige,
rasch hingeworfene Zeichnungen, nicht das
Ergebnis mehrmaliger sorgfältiger Durch-
pausungen, nur dazu bestimmt, die gewollte
Erscheinung festzuhalten. Glücklicherweise
begegnet man hier nicht jene dem Laien
so sehr imponierenden Akte, deren wissen-
schaftlich zerlegte Muskelkomplexe mehr
für Kenner der Anatomie als der Kunst
hergestellt sind, die als Studien bezeichnet
werden, während sie in Wahrheit Selbst-
-0)
W. V. BECKERATH—MÜNCHEN.
Bleistiftstudie.
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