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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 16.1905

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Jaumann, Anton: Moderne Lichtmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.8553#0029

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Anton Jaumann: Moderne Lichtmalerei.

CS. R. MACKINTOSH—GLASGOW.

Aus dem Speise-Zimmer S. 417.

werden, welche die Strahlen der Sonne
modifiziert, oder Eigenfarben der irdischen
Gegenstände sind, die, von der Glut der
Sonne entzündet, wie in eigener Leucht-
kraft aufflammen.

Da es dem Maler versagt ist, wirkliches
Licht oder selbstleuchtende Substanzen in
sein Bild aufzunehmen, — nur indirektes,
reflektiertes Licht steht ihm zur Verfügung —
so kann er das Licht immer nur durch seine
Wirkung auf anderes zur Darstellung bringen.
Wie es in Nähe und Ferne die Farben ver-
ändert, wie es in der Atmosphäre zittert und
als Sprühregen feinster farbiger Pünktchen
in den Lüften wirbelt, wie es sich spiegelt
und bricht auf der tausendgestaltigen Ober-
fläche der Dinge, darin allein kann es der
Maler fassen und niederschreiben. Nicht als
selbstredende Person tritt es im Bilde auf,
aber alles spricht von ihm, alles zeugt vom
Wirken seiner Macht und vom Spiel seiner
Laune! Es ist die Hauptperson und alles
Gegenständliche ist nur um seinetwillen da.

Man hat sich darüber aufgeregt, dass
unsere moderne Lichtmalerei so gar keinen
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Respekt habe vor der Würde und der
geistigen Bedeutung des Menschen; sie zeige
deutlich, dass das spezifisch Menschliche in
seiner Erscheinung, der sprechende Ausdruck
von Haltung und Miene, die Offenbarung
der Seele im Äussern, der Adel der Formen,
sie nicht interessiere. Ihr gelte der Mensch
nicht mehr als das unvernünftige Tier oder
ein fühlloser Baum oder Strauch. Aber
wenn sie wirklich die Hoheit des Menschen
unbeachtet lässt, und ihn nur daraufhin an-
sieht, wie er als Körper im Licht steht, wie
seine Farben im Licht verblassen oder ent-
brennen, wie die Flächen des Körpers je
nach Stellung und Struktur die Lichtstrahlen
stärker oder schwächer reflektieren oder im
Schatten versinken, wie die Umrisse unter
der Flut des Lichts verschwimmen oder
scharf hervortreten, so darf man doch nicht
vergessen, dass das Licht seine Poesie auch
über die unscheinbarsten Gegenstände aus-
giesst und sie so aus ihrer Niedrigkeit in
eine höhere Sphäre erhebt. Das simpelste
Stück Holz erhält Bedeutung durch das
Licht, von dem es umwoben, die gemeine
 
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