Anton Jaumann: Moderne Lichtmalerei.
PAUL LUDW. TROOST—MÜNCHEN.
Aus dem Schlaf-Zimmer S. 419.
Pfütze wird gewürdigt der Königin Sonne
Spiegel zu sein. Ehedem stellten die Künst-
ler die Sonne als einen Gott dar, der am
Morgen aus dem Ozean auftaucht, mit seinem
feurigen Viergespann über das Firmament
fährt und am Abend in den westlichen
Fluten wieder versinkt, heute haben sie
andere Formen gefunden, ihre Herrlichkeit
zu verkünden; sie schildern sie unmittelbar
in ihrem Wirken an den Dingen, die goldenen
Strahlen, mit denen sie unsere armselige
Welt überschüttet, die blitzenden Diamanten,
die sie auf elende Hütten und Wiesen streut.
In tausendfältiger Weise kommt das Licht
an die Dinge heran, treten diese dem Licht
gegenüber. Es huscht über die Oberfläche
hin, es bricht sich an Ecken und Buckeln,
es streift nur flüchtig oder umfängt mit
Wucht; es schmeichelt, spielt, besänftigt die
Härten der Gestalt oder Farbe, oder es ist
wild, brutal, peitscht die Farben zu greller
Lohe auf, alle Form und alle Intimität zer-
störend. Bald nimmt es den Dingen mehr,
bald weniger von ihrer Individualität, bald
geben sich diese zögernd, bald leidenschaft-
418
lieh den Umarmungen des Lichtes hin.
Unter den glühenden Küssen der Sommer-
sonne verzehrt sich die brennheisse Erde,
wie in ekstatischer Entzückung bebend; im
frühen Lenz halten sie, beide jung und von
unerprobter Kraft, schüchterne Zwiesprache.
Die Dinge dienen dem Licht, dem sie Ver-
mittler sind und Verkünder; und das Licht
dient wiederum ihnen, indem es ihnen Sprache
verleiht und Erscheinung, allerdings in seiner
herrischen Weise, launenhaft und souverän
spielend.
Das Licht hat sehr wertvolle künstlerische
Eigenschaften, es bringt Leben und Freude
und Bewegung ins Bild; es ruft Gegensätze
hervor zwischen belichteten und beschatteten
Stellen, Gegensätze, die sich doch wieder
vereinen, indem Schatten und Licht von
einander abhängig sind und auf einander
hinweisen. Das Licht macht die Glieder der
Landschaft, Mensch und Tier und Baum
und Boden, homogen; sie alle sind ihm nur
Instrumente für sein Spiel. Es erzeugt auch
jene reizvollen Schwebungen in dem Schicht-
werk der warmen beleuchteten und der
PAUL LUDW. TROOST—MÜNCHEN.
Aus dem Schlaf-Zimmer S. 419.
Pfütze wird gewürdigt der Königin Sonne
Spiegel zu sein. Ehedem stellten die Künst-
ler die Sonne als einen Gott dar, der am
Morgen aus dem Ozean auftaucht, mit seinem
feurigen Viergespann über das Firmament
fährt und am Abend in den westlichen
Fluten wieder versinkt, heute haben sie
andere Formen gefunden, ihre Herrlichkeit
zu verkünden; sie schildern sie unmittelbar
in ihrem Wirken an den Dingen, die goldenen
Strahlen, mit denen sie unsere armselige
Welt überschüttet, die blitzenden Diamanten,
die sie auf elende Hütten und Wiesen streut.
In tausendfältiger Weise kommt das Licht
an die Dinge heran, treten diese dem Licht
gegenüber. Es huscht über die Oberfläche
hin, es bricht sich an Ecken und Buckeln,
es streift nur flüchtig oder umfängt mit
Wucht; es schmeichelt, spielt, besänftigt die
Härten der Gestalt oder Farbe, oder es ist
wild, brutal, peitscht die Farben zu greller
Lohe auf, alle Form und alle Intimität zer-
störend. Bald nimmt es den Dingen mehr,
bald weniger von ihrer Individualität, bald
geben sich diese zögernd, bald leidenschaft-
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lieh den Umarmungen des Lichtes hin.
Unter den glühenden Küssen der Sommer-
sonne verzehrt sich die brennheisse Erde,
wie in ekstatischer Entzückung bebend; im
frühen Lenz halten sie, beide jung und von
unerprobter Kraft, schüchterne Zwiesprache.
Die Dinge dienen dem Licht, dem sie Ver-
mittler sind und Verkünder; und das Licht
dient wiederum ihnen, indem es ihnen Sprache
verleiht und Erscheinung, allerdings in seiner
herrischen Weise, launenhaft und souverän
spielend.
Das Licht hat sehr wertvolle künstlerische
Eigenschaften, es bringt Leben und Freude
und Bewegung ins Bild; es ruft Gegensätze
hervor zwischen belichteten und beschatteten
Stellen, Gegensätze, die sich doch wieder
vereinen, indem Schatten und Licht von
einander abhängig sind und auf einander
hinweisen. Das Licht macht die Glieder der
Landschaft, Mensch und Tier und Baum
und Boden, homogen; sie alle sind ihm nur
Instrumente für sein Spiel. Es erzeugt auch
jene reizvollen Schwebungen in dem Schicht-
werk der warmen beleuchteten und der