Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten (16.1905)

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des Ausstellungstem-
pels stehen und be-
sinnen uns auf etwas,
was wirdennoch nicht
gesehen haben ....
— Was wir dennoch
nicht gesehen haben,
wie sollen wir es
nennen? Es hat so
viele Namen. Was
wir nicht gesehen
haben, das ist das
Gesicht unserer Zeit,
deren verhüllte Züge
uns aus den Wirbeln
des Lebens, aus einem
Strassen - Auflaufe,
einem Buche, einem
belebten Warenhause
fremd u. vertraut ent-
gegenblickten. Das
ist unsere turbulente,
von Widersprüchen

hochaufgärende Kultur. Das sind die
freien, kühnen Gedanken, von denen unser
ganzes Leben zehrt. Das sind die Sehn-
süchte, die mit grossen Geberden wie
Wolken durch unsere Geister ziehen.
Was nicht gesehen, nur geschaut werden
kann, das haben wir drinnen vergeblich

gesucht. — Wir sahen
Sportsmänner hochzu
Ross in einem fulmi-
nanten Sonnenschein,
aber wir sahen nicht
die apokalyptischen
Reiter, die in tausend-
fältiger Bedeutung
über unseren Häup-
tern durch die Zeit
jagen. Wir sahen
fröhliches Sonnen-
licht genug, aber
wir sahen nicht die
Lebensfreude sich in
hohen, bedeutenden
Gestalten auf reichen
Tafeln entfalten. Wir
sahen Sommernächte,
deren Reiz lieblich
mit etwas Tod gar-
niert war, aber wir
sahen nicht Ihn selbst
in einer ganzen furchtbaren Majestät.
Wir sahen Vieles, was der Maler mit
gutem Auge aus der Flut des Lebens
herausgehoben hat. Aber »was sich nie
und nirgends hat begeben*., das Ein-
zige, das nie veraltet, das hat er nie
gesehen und nicht festgehalten. Sehen

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