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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 16.1905

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Osborn, Max: Edward Gordon Craig - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.8553#0208

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Edward Gordon Craig.

wohl von Natur und Historie Anregungen
empfangen und im Realen wurzeln, aber im
tiefsten Sinne ihrer Existenz den Bedingungen
der Erde nicht mehr unterstehen und sich
völlig nur im Dienste der Dichtung fühlen,
die sie zu interpretieren haben. Dabei ist
es interessant zu verfolgen, wie Craig gleich-
wohl auf die höchst irdische und materielle
Seite der Bekleidung dieser Gestalten be-
dacht ist, wie er jedes Einzelteilchen ihrer
Kostüme vorzeichnet, oft mit fast Menzel-
scher Korrektheit selbst Schnüre und Knöpfe
besonders angibt und womöglich gar die
Innenseite noch mit in Betracht zieht.

Diese Verbindung von praktischem Sinn,
der mit allen Voraussetzungen der Kulissen-

welt rechnet, und einer ins Grenzenlose
schweifenden Phantasie ist charakteristisch
für Craig. Er ist ein Erfinder, der jenseits
von allem naturalistischen Bemühen, ja mit
Verachtung gegen alles, was danach aus-
sehen könnte, aus poetischen und Stil-
erinnerungs-Assoziationen heraus dekorative,
oft fast ornamentale Märchenreiche aus dem
Nichts eines Blattes Papier hervorzaubert.
Wie er dabei Gestalten, Strassen- und Land-
schafts-Perspektiven, einzelne Masken, ganze
Szenen hinsetzt, ist reichlich preziös und
von unterstrichener Pikanterie, aber dabei
von einem Reiz, dem sich niemand ent-
ziehen kann. Legendenhaftes wechselt mit
groteskem Spuck, Galantes mit Kari-

M!v,°.

EDWARD GORDON CRAIO.

Kostüm-Entwürfe für »The Masque of Love«.

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