Neue Wohnräume und neues Kunstgewerbe bei A. Wertheim.
SEPP KAISER.
Sclilatzinmier.
die Wandbekleidung auf und macht einem
weissen Anstrich Platz. Dieser leitet ohne
wesentliche Unterbrechung in die weisse
Decke über, von welcher als einziger Schmuck
der Beleuchtungskörper herabhängt. Die
Wandbekleidung aber ist nur ganz ausnahms-
weise noch Papiertapete: dafür Stoffbe-
spannung, Mattenbespannung, glatter oder
schablonierter Wandanstrich. Die Ursache
ist wohl weniger ein prinzipielles Ablehnen
der Tapete an sich, als vielmehr das Be-
denken, einem persönlich empfundenen Raum
durch die Tapete, also das Werk eines
Andern, eine uneigene Note zu geben. Und
ehe man lange besondere Tapeten für den
besonderen Zweck fabrizieren lässt, ist es
eben viel billiger und bequemer, durch
Schablonenwandmalerei dieselbe Wirkung
herauszuarbeiten. Das Publikum aber sieht's,
macht's natürlich nach, und die Tapeten-
industrie geht zurück. Wir kennen ihr
Klagelied.
Richard Riemerschmid ist der einzige, der
in seinem Wohnzimmer eine Papiertapete
eigenen Entwurfs angewandt hat. Dasselbe
664
gewinnt durch einen erhöhten Fenstersitzplatz
den Charakter eines Damenzimmers, und lehnt
sich in Gesamthaltung wie in Einzelheiten
ausgesprochen an sein Zimmer der Aus-
stellung 1902 an. Es ist dasselbe olivbraune
Widewood mit sattgrüner Polsterung.
Arno Körnig hat ein Kinderzimmer ge-
schaffen, dessen Grundgedanke Zweckmässig-
keit und Anpassung an die Welt des Kindes
ist. In die Füllungen der polierten Elfenholz-
möbel legt er jene bunten Künstlersteinzeich-
nungen, die wir sonst als Wandschmuck zu
sehen, fast schon zu sehr gewöhnt sind.
Das Herrenzimmer von Alfred Grenander
ist origineller, das heisst absichtlich unge-
wöhnlicher. Rauten in schachbrettartiger
Anordnung, dunkles Nussbaumholz mit hellen
Mahagonieinlagen, beleben die Möbelflächen.
Hie und da deuten Bernsteinintarsien an,
dass die scheinbare Einfachheit des Gesamt-
eindrucks nur Vornehmheit ist. Das ist über-
haupt abermals solch ein Gesetz aus dem noch
ungeschriebenen Lehrbuch vom modernen
Stil: überlegtes Zurückhalten der Mittel im
allgemeinen und Konzentrierung des Über-
SEPP KAISER.
Sclilatzinmier.
die Wandbekleidung auf und macht einem
weissen Anstrich Platz. Dieser leitet ohne
wesentliche Unterbrechung in die weisse
Decke über, von welcher als einziger Schmuck
der Beleuchtungskörper herabhängt. Die
Wandbekleidung aber ist nur ganz ausnahms-
weise noch Papiertapete: dafür Stoffbe-
spannung, Mattenbespannung, glatter oder
schablonierter Wandanstrich. Die Ursache
ist wohl weniger ein prinzipielles Ablehnen
der Tapete an sich, als vielmehr das Be-
denken, einem persönlich empfundenen Raum
durch die Tapete, also das Werk eines
Andern, eine uneigene Note zu geben. Und
ehe man lange besondere Tapeten für den
besonderen Zweck fabrizieren lässt, ist es
eben viel billiger und bequemer, durch
Schablonenwandmalerei dieselbe Wirkung
herauszuarbeiten. Das Publikum aber sieht's,
macht's natürlich nach, und die Tapeten-
industrie geht zurück. Wir kennen ihr
Klagelied.
Richard Riemerschmid ist der einzige, der
in seinem Wohnzimmer eine Papiertapete
eigenen Entwurfs angewandt hat. Dasselbe
664
gewinnt durch einen erhöhten Fenstersitzplatz
den Charakter eines Damenzimmers, und lehnt
sich in Gesamthaltung wie in Einzelheiten
ausgesprochen an sein Zimmer der Aus-
stellung 1902 an. Es ist dasselbe olivbraune
Widewood mit sattgrüner Polsterung.
Arno Körnig hat ein Kinderzimmer ge-
schaffen, dessen Grundgedanke Zweckmässig-
keit und Anpassung an die Welt des Kindes
ist. In die Füllungen der polierten Elfenholz-
möbel legt er jene bunten Künstlersteinzeich-
nungen, die wir sonst als Wandschmuck zu
sehen, fast schon zu sehr gewöhnt sind.
Das Herrenzimmer von Alfred Grenander
ist origineller, das heisst absichtlich unge-
wöhnlicher. Rauten in schachbrettartiger
Anordnung, dunkles Nussbaumholz mit hellen
Mahagonieinlagen, beleben die Möbelflächen.
Hie und da deuten Bernsteinintarsien an,
dass die scheinbare Einfachheit des Gesamt-
eindrucks nur Vornehmheit ist. Das ist über-
haupt abermals solch ein Gesetz aus dem noch
ungeschriebenen Lehrbuch vom modernen
Stil: überlegtes Zurückhalten der Mittel im
allgemeinen und Konzentrierung des Über-